Heute - Niederösterreich Ausgabe
„Natur bekommt eine Destination auf dem neuen Gebäudeensemble“
Wie kommt der Park aufs Dach? Was bedeutet die massive Begrünung des Projekts MaHü 10–18“für Mensch und Tier? Die verantwortliche Landschaftsplanerin Sabine Dessovic im Interview.
Frage: Was sind die Besonderheiten des von Ihnen geplanten Dachparks für das Projekt „MaHü 10–18“?
Sabine Dessovic: Dass es ein öffentlich zugänglicher, konsumfreier Dachpark mit rund 1.000 m2 wird. Wir setzen mit einem großen technischen Aufwand große schirmförmige, mehrstämmigen Gehölze – wie die immergrüne Rotkiefer, die sommergrüne Flaumeiche und die frühlingsblühende Tulpen-Magnolie – in eine sanfte Hügellandschaft.
Als zweite Besonderheit gibt es noch das Dach des Warenhauses. Neben einer integrierten Photovoltaik-Anlage gibt es eine naturnahe Begrünung. Sie teilt sich in zwei unterschiedliche Vegetationsbereiche: einerseits Gräser- und kräuterreiche Freifläche und eine wärmeliebende Gebüschfläche mit Unterwuchs.
Die steppenartige Freifläche thematisiert die pannonischen
Trockenrasengesellschaften der Naturlandschaften rund um Wien. Hier wachsen Charakterarten wie Federgras, Zwerg-Iris, Küchenschelle und SteppenAster. Die Gebüschfläche setzt sich aus einer artenreichen Mischung trocken-warmer Standorte des Wiener Beckens zusammen. Typische Arten sind etwa die Zwerg-Mandel, Schlehe und Wein-Rose. Die Intention dieser naturinspirierten Bepflanzung ist, bestimmte Wildtierarten gezielt zu fördern, was als tiergestützte Planung bekannt ist.
Für diesen Ort haben sich fünf Zielarten herauskristallisiert: ein Tag- und Nachtfalter, eine Wildbienen- und Hummelart sowie eine Vogelart. Jede Art braucht geeignete und ausreichende Nahrungsquellen, Trink- und Bademöglichkeiten. So bekommt auch die Natur ihre Destination auf dem Gebäudeensemble.
Frage: Wo liegen die Herausforderungen des Projekts?
Sabine Dessovic: Die unterschiedlichen Gewerbe wie Architektur, Statik, Brandschutz, Haustechnik, Bewässerungstechnik, Elektrotechnik und Bauphysik müssen sehr intensiv mit uns zusammenarbeiten. Es sind sehr viele Abstimmungen notwendig damit so was überhaupt realisiert werden kann.
Frage: Welche Pflanzen eignen sich hier besonders?
Sabine Dessovic: Es müssen Pflanzen sein, die in exponierter Lage die heißen Sommer und kalten Winter überleben und zusätzlich dem häufig wehenden Wind in Wien standhalten. Alle bereits genannten Arten entsprechen diesen Anforderungen.
Frage: Wie wird der Dachpark das Klima und die Tierwelt in der Umgebung beeinflussen?
Sabine Dessovic: Durch den Dachpark können kleinklimatische Verhältnisse wesentlich verbessert werden. Die gefühlte
Temperatur ist im Sommer viel angenehmer als auf einer Terrasse ohne Grün. Im Endeffekt ist aber der Park ein Puzzlestein. Je mehr dazukommen, desto mehr wird der Effekt spür- und messbar. Wegen der menschlichen Nutzung des Dachparks haben wir bewusst die Maßnahmen zur Förderung von seltenen Tierarten auf das Dach des Warenhauses verlegt. Hier werden die gesetzten Maßnahmen sicher auch noch weitere Tiere anziehen.
Grün sorgt im Sommer für angenehmere Temperatur