Heute - Oberösterreich Ausgabe

„Präsidenti­n strebe ich nicht an“

- Von Christian Nusser

Seit 17 Tagen im Amt: Gestern lud Kanzlerin Brigitte Bierlein Journalist­en erstmals ins Kanzleramt. Was es zum Lunch gab, was sie dabei von sich gab und noch ein paar andere Begebenhei­ten.

„Es ist, wie es ist.“Diesen Satz sollen wir in der nächsten Stunde häufiger hören.

Noch aber steht die Kanzlerin an der Tür ihres neuen Reichs und begrüßt alle lächelnd. Ihr Händedruck ist sanft, sie wirkt zierlicher als erwartet, unsicher auch, ein bisschen so wie jemand, der auf Airbnb ein helles Zimmer in der City gebucht hat und im Park Hyatt gelandet ist.

Altkanzler Sebastian Kurz residierte im Kreisky-Zimmer, das aber war Bierlein „zu düster und zu dunkel“. Sie hat ihre Zelte im Metternich-Zimmer von Vorvorgäng­er Christian Kern aufgeschla­gen; bis auf eine Installati­on von Brigitte Kowanz sind die Wände noch leer. Ein Prachensky und ein Mikl sollen bald hier hängen – aus ihrem alten Büro im Verfassung­sgerichtsh­of, sie konnte es noch nicht ausräumen. Der Aufstieg kam über Nacht, war nicht geplant und Bierlein wirkt, als würde sie keinen Tag länger bleiben wollen, als sie muss. „Es ist, wie es ist,“

„Der Bundespräs­ident hat mich am Mittwoch vor dem Feiertag angerufen“, sagt sie. „Er wollte sofort eine Antwort von mir. Ich habe mir eine Nacht Bedenkzeit erbeten.“

Nun legt sie jedes Wort auf die Waagschale, ohne dass man weiß, was in der zweiten Schale dagegen aufgewogen wird. Sie wolle mit allen reden, alle einbinden. Wen sie als EU-Kommission­spräsident unterstütz­t? „Ich werde mich heute mit den Parteien im Hauptaussc­huss darüber beraten, ergebnisof­fen“, sagt sie. Und: „Ich hatte in dieser Frage keinen Kontakt zum früheren Kanzler Sebastian Kurz.“

Mit den vielen Beschlüsse im Parlament, die Geld kosten, habe sie „keine Freude, aber der Vorgang ist zulässig“.

Bierlein ist keine Politikeri­n. Man merkt es an Kleinigkei­ten. In der Mitte des Tisches ist ein kleines Buffet aufgebaut. Keiner rührt was an. Kurz hätte in der Stunde drei Insta-Bilder rausgehaut, einen Videoclip dazu, zehn Fragen nicht beantworte­t. Bierlein vergisst den Lunch vor sich, zu dem sie geladen hat.

Sie trägt einen schwarzen Hosenanzug, pinkes Top, die Frisur ist hochgestec­kt. Dass ihr Style kommentier­t wird, störe sie nicht. „Das ist part of the job.“Und, ach ja: Ihre angeblich 1.700 Euro teure Louis-Vuitton-Bag sei zehn Jahre alt, ein Geschenk von Freunden.

Sie hat keine Angst vor uns (10 Männer, 2 Frauen), eher vor sich. Dass sie etwas Falsches sagt. „Ich bin froh, wenn ich diese Periode gut für die Bürgerinne­n und Bürger zu Ende bringen kann“, sehnt sie ein Ende herbei. Weitere Pläne hat sie nicht. „Das Amt der Bundespräs­identin strebe ich nicht an.“

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Kanzlerin Bierlein in der Journalist­enrunde „Kanzlerin zu werden, lag nicht in meiner Lebensplan­ung“, sagt Bierlein.
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