Heute - Wien Ausgabe

„War for Talents“– der Krieg ist vorbei, die Talente weg!

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Wir nehmen rund 580 Lehrlinge pro Jahr auf, müssen aber mit 3.500 Bewerbunge­n rechnen, damit wir wirklich zu der Anzahl an jungen Menschen kommen, die zu uns passt. Wir gehen sehr aktiv in Schulen und auf Messen, aber auch zu den Eltern. Gerade in diesem Alter wird die Berufsents­cheidung nicht nur von den jungen Leuten allein getroffen. Wir sind stark im Technikber­eich und suchen schon auch Leute, die vor Mathematik nicht zu zittern beginnen.

Eltern reden mit bei Berufsents­cheidung

Heute: Geht es Ihnen genauso?

Robert Bilek (Wr. Städtische): Wir haben im Jahr zwischen 3.500 und 4.000 Bewerbunge­n, Probleme haben wir beim Vertriebsp­ersonal. Rein in der Verwaltung ist der Bedarf nicht so groß, außer jetzt durch diverse Regulatori­en, die die Versicheru­ngsbranche treffen. Da braucht man jetzt schon sehr viele Mathematik­er, da die Modelle sehr komplex sind. Da ist es sehr schwer, Spezialist­en zu bekommen. Die Mathematik­er wissen das und das treibt natürlich die Gagen in die Höhe. Es kann Ihnen passieren, dass jemand, der frisch von der Uni kommt, sagt, unter 50.000 Euro Anfangsbez­ug greife ich nichts an.

Heute: Was sagen Sie dem?

Bilek: Er soll es woanders probieren. Das würde mir sonst das Gefüge zerstören. Im Vertrieb ist es so, dass der Verkauf in der Versicheru­ngswirtsch­aft nicht der klassische Verkauf ist, den man sich vorstellt. Sie müssen bei Menschen am Nachmittag ein Bedürfnis wecken, das sie in der Früh beim Aufstehen noch nicht gehabt haben. Was uns interessie­rt, sind Leute, die Begeisteru­ng haben und gerne mit Menschen zu tun haben.

Heute: Auch die Novomatic ist weltweit tätig: Welche Anforderun­g werden an Sie als Arbeitgebe­r gestellt?

Klaus Niedl (Novomatic): Wir sind in den letzten zwei Jahren um 10.000 Mitarbeite­r gewachsen. Wir haben sicherlich spezielle Anforderun­gen, da wir Glücksspie­ltechnolog­ie produziere­n. Das heißt, unser Produkt ist ein digitales Produkt mit Hardware-Komponente­n drumherum. Da matchen wir uns natürlich überall am Arbeitsmar­kt, wenn es um IT geht. SoftwareEn­twickler sind heutzutage die große Mangelware. In Wien gibt es ungefähr 550 Absolvente­n pro Jahr, wenn man alle zusammenzä­hlt. Allein die Banken brauchen 600! Da kann man sich ausrechnen, wie viel davon überbleibt. Wir sind einen anderen Weg gegangen und haben gesagt, wir bilden selber aus. Wir haben hier etwa eine eigene Corporate Coding Academy gegründet, wo wir selbst unsere Software-Entwickler ausbilden. Das ist ein Zugang, weil man vom „War for Talents“spricht. Der Krieg ist vorbei, die Talente sind weg! Man kann diese nur noch woanders abwerben.

Heute: Wie binden Sie denn die Leute ans Haus, die Sie ausbilden?

Niedl: Geld ist natürlich ein Faktor, aber wenn ich mich wohlfühle und mit den Kollegen gut kann, ist das ein anderer Aspekt. Oder dass ich nicht zu viel pendeln muss. Junge lehnen für 20 Minuten mehr Fahrzeit den Job ab. Wir schauen dann natürlich, dass wir Leute aus einer Region bekommen. Das Gesamtpake­t muss passen.

Heute: Herr Huber, Sie leiten eines der personalin­tensivsten Unternehme­n des Landes. Sie brauchen wohl in allen Bereichen Arbeitskrä­fte?

Alois Huber

(SPAR): Ja, das sehen Sie richtig. Wir suchen auch intensivst – das Wichtigste in der heutigen Zeit ist jedoch, die bestehende­n Mitarbeite­r zu halten. Und bei den Austrittsb­efragungen, die wir mit allen führen, die unser Unternehme­n verlassen, stellen wir da fest, dass die Führungskr­äfte schon auch eine wesentlich­e Rolle spielen, ob sich der Mitarbeite­r wohlfühlt oder nicht. Daher arbeiten wir daran, unsere Führungskr­äfte entspreche­nd auszubilde­n.

Software-Entwickler sind sehr gefragt

Anderersei­ts stellen wir durch den demografis­chen Wandel fest, dass uns der mit den Schulen einen wirklichen Wettstreit bringt. Die Lehrer werden zum Gegner und nicht zum Partner der Wirtschaft. Weil jeder, der ein Lehrling wird, ist ja dann aus dem Schulsyste­m weg. Jeder Lehrer wird verständli­cherweise die Lehre nicht als Oberstes anpreisen, weil sein eigener Brotberuf dadurch eingeschrä­nkt wird.

Jobgaranti­e mit einer Lehrausbil­dung

Heute: Wie kann die Lehre wieder attraktive­r gemacht werden?

Huber: Indem wir alle der Lehre wieder den Stellenwer­t geben, den sie einmal hatte. Ich bin überzeugt davon, dass Jugendlich­e zu uns kommen und eine Lehre machen, nach drei Jahren eine Jobgaranti­e haben und in weiterer Folge Abteilungs­leiter werden können. Als Abteilungs­leiter führt man in einem großen Markt bald einmal 20 Mitarbeite­r, ist für Umsatz und Warenbesta­nd verantwort­lich. Das sind Unternehme­nswerte, die ein mittelstän­disches Unternehme­n hat. Andere Länder kommen wegen der dualen Ausbildung zu uns und wir leben es nicht einmal wirklich!

Heute: auch so?

Franz Nigl (Post): Ja, das ist erwiesener­maßen so. Die durchschni­ttliche Fluktuatio­nsrate im Han- Sehen Sie das

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Beim diskutiert­en die Personalch­efs über die
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