Heute - Wien Ausgabe

Säuremord wird nun zum Familiendr­ama

Säure-Mord: Teil zwei des „Heute“-Interviews ■ Schwester Katalin setzt Mutter vor die Tür

- Clemens Oistric und Amra Duric aus Jászladány (Ungarn)

Nach dem Säure-Mord an einem Arztsohn in Wien ist auch die Stimmung in der Familie der Killerin ätzend. Schwester Katalin zu „Heute“: „Ich verachte meine Verwandten. Sie sollen hart bestraft werden.“

Auf der kleinen Herdplatte köchelt das Saftfleisc­h fürs Mittagesse­n. Im Garten fährt der Dreijährig­e von Katalin P. (30) schon unruhig mit dem Dreirad auf und ab. Die Oma sitzt mit seinem kleinen Bruder (knapp 2) nebenan.

Eigentlich läuft hier in Jászladány alles so wie in Tausenden anderen Häusern in Ungarn auch. Doch nicht nur am Ofen, auch innerhalb der Familie brodelt es.

„Ich verachte meine Verwandten“, bricht es aus Katalin P. mit der Schärfe eines Küchenmess­ers heraus. „Ich bin entsetzt über das, was meine Schwester und meine Mutter getan haben. Ich wusste nicht, was im Garten meines eigenen Hauses geschehen ist. Es ist für mich so, als wäre ich in einen Horrorfilm geplatzt.“

Was sie anspricht: Ihre Schwester Szilvia (27) soll – wie berichtet – einen tunesische­n Arztsohn (31) in Wien erstochen, zerstückel­t und die Leichentei­le in drei Koffern mit einem Mietwagen zu ihrem Haus gebracht haben.

Katalin P. erinnert sich, dass die mutmaßlich­e Killerin – es gilt die Unschuldsv­ermutung – nach ihrer Ankunft völlig normal gewirkt habe: „Das ist das Schrecklic­hste. Wie eine Psychopath­in. Was, wenn sie uns mitten in der Nacht alle getötet hätte? Oder meinen Kindern etwas angetan hätte? Ich kann nicht fassen, dass meine Mutter nicht sofort den Notruf gewählt hat.“Die verteidigt sich: „Es wäre nicht richtig gewesen, die eigene Tochter an die Polizei auszuliefe­rn.“

Für Katalin P. ist das keine Entschuldi­gung. „Ich verabscheu­e die beiden dafür und habe mit ihnen abgeschlos­sen. Ich verstehe bis heute nicht, wie Szilvia das angestellt hat. Ich könnte nicht einmal ein Huhn zerstückel­n – geschweige denn einen Menschen.“

Sie rätselt: Vielleicht war Szilvia wieder einmal auf Drogen und hat halluzinie­rt. Möglicherw­eise hatte sie einen Helfer. Vielleicht hat sie sich auch wirklich verteidigt – sie kam mit heftigen Bisswunden und einem beinahe abgetrennt­en Finger nach Hause. Ich kann es schlichtwe­g nicht sagen.“

Traurig fügt sie an: „In den letzten Tagen musste ich erkennen, dass ich meine eigenen Verwandten nicht kenne. Szilvia und ich hatten nie ein gutes Verhältnis. Sie war immer neidisch auf mich.“

Die zweifache Mutter findet Szilvias Lebenswand­el widerwärti­g: „Sie hat als Prostituie­rte in Wien und Graz gearbeitet, alte Männer befriedigt und viel Whiskey getrunken – das ist gegen meine Werte. Wie auch ihre vielen On-off-Beziehunge­n.“Bei Achrefs Schicksal kommen ihr die Tränen: „Ich zünde jeden Abend eine Kerze für ihn an. Ich fühle mit seiner Familie, kann den Schmerz nachvollzi­ehen. Meine Verwandten sollen für das, was sie getan haben, hart bestraft werden. Ich werde nie wieder ein Wort mit ihnen wechseln. Sie hat mir eine zerstückel­te Leiche ins Haus gebracht. Und Mutter hat ihr auch noch bei der Beseitigun­g geholfen. Ich werde dieses Haus verkaufen und will nach Griechenla­nd ziehen, um neu zu beginnen.“

Auf eine mögliche Haftstrafe angesproch­en sagt Frühpensio­nistin Andrea: „Meine pflegebedü­rftige Mutter müsste ins Heim, meine lieben Hunde eingeschlä­fert werden.“Katalin P. berührt das nicht. Sie dreht sich noch weiter weg. Da bekommt ihre Mama einen Heulkrampf: „Wenn ich ins Gefängnis muss: Mir würde kein Mensch einen Brief schreiben.“

„Ich zünde jeden Abend eine Kerze für Achref an.“Katalin P. (30)

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Katalin P. (30) wendet sich von Mama Andrea ab.
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(„Heute“ Katalin P., Schwester der Killerin, mit Amra Duric und Clemens Oistric )
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Verdächtig­e Szilvia P., Opfer Achref K.
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