Diagnose Krebs – was tue ich jetzt?
Therapien, Anlaufstellen und Vorsorge: Experte Günther Steger im Interview
Univ.-prof Dr. Günther Steger ist Onkologe und arbeitet an der Meduni Wien und der Wiener Privatklinik. Er ist einer der führenden Krebs-experten des Landes.
„Heute“: Was hat denn die Forschung zum Thema Krebs zuletzt für neue Erkenntnisse gebracht?
Univ.-prof. Dr. Günther Steger: Bis dato waren die Medikamenten-entwicklungen auf die jeweiligen Organe, wo der
Krebs entsteht, fokussiert. Die letzten Jahre haben aber größere Fortschritte erbracht, indem die Forschung erkannt hat, wie sich Krebszellen generell unserer Immunabwehr entziehen. Durch Erkennen dieser Mechanismen können wir jetzt auch Medikamente entwickeln, die die Krebszellen direkt bekämpfen. Damit sehen wir Jahr für Jahr höhere Heilungschancen bei vielen Krebsarten.
„Heute“: Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf die Krebsvorsorge bzw. auf Krebsbehandlungen?
Steger: In den ersten zwei Jahre hatte die Pandemie leider deutliche Auswirkungen. So hat die Mammografiefrequenz zur Früherkennung von Brustkrebs 2020/21 um fast ein Drittel abgenommen. Die genauen Auswirkungen kennen wir aber noch gar nicht, denn die schlagen sich erst ein paar Jahre später nieder. Was wir aber im Moment
schon sehen, ist die Tatsache, dass die erkannten Tumore im Durchschnitt etwas größer sind als vor der Pandemie, was die Prognose prinzipiell verschlechtert. Glücklicherweise sind die Untersuchungszahlen aber nun im dritten Jahr fast wieder auf dem Niveau wie vor der Pandemie.
„Heute“: Warum ist Krebsvorsorge so wichtig und wie oft soll diese durchgeführt werden? Steger: Eine frühzeitige Erkennung
ist wichtig, um die Heilungschancen zu erhöhen, aber man kann eigentlich nur bei drei Tumorarten effektiv vorsorgen: Männer über 50 sollten einmal im Jahr zum Urologen, bei familiärer Vorbelastung auch schon früher, um Prostatakrebs vorzubeugen. Frauen sollten zum Brustkrebsscreening. Da appelliere ich an alle Frauen, den Einladungen des Österreichischen Brustkrebsscreeningprogramms
Bei Zufallsdiagnose ist die Krebshilfe Anlaufstelle
zur kostenfreien Mammografie zu folgen! Darüber hinaus sollten alle über 50-Jährige eine Vorsorge-darmspiegelung durchführen lassen.
„Heute“: Diagnose Krebs – was gilt es zu tun?
Steger: Vor allem die Nerven bewahren! Bei einer Zufallsdiagnose ist die Krebshilfe Österreich,
die in jedem Bundesland Beratungsstellen betreibt, eine exzellente Ansprechstelle, um sich über alle weiteren Schritte umfassend beraten zu lassen..
„Heute“: Wenn keine Chance auf Heilung besteht, mit welchen Therapiemöglichkeiten ist ein Leben mit Krebs möglich? Steger: Sie haben es schon angesprochen – dann ist Leben mit dem Krebs das Ziel und bei vielen Krebsarten ist es mit den entsprechenden Therapieentwicklungen bereits gelungen, diese zu chronischen Erkrankungen zu machen – so wie etwa schon früher bei der Zuckerkrankheit, die vor Entdeckung des Insulins meist sehr
rasch zum Tod geführt hat. Heute haben Diabetiker eine fast normale Lebenserwartung. Und so ist auch die derzeitige Entwicklung bei etlichen, auch sehr häufigen Krebsarten: Bei Lungenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs, Prostatakrebs und auch anderen Tumorerkankungen werden laufend neue Therapien entwickelt, die teilweise auch sogar als Tablettentherapie zur Verfügung stehen. Diese erlauben uns, oft viele Jahre ein lebenswertes Leben trotz Metastasen zu ermöglichen – natürlich mit regelmäßigen Klinikoder Arztkontrollen wie eben bei anderen chronischen Erkrankungen auch
„Bitte regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung“Univ.-prof. Dr. Günther Steger