Land, Stadt und Gründächer
Drei Menschen, die sich mit Immobilien und Facility Management auseinandersetzen. Drei Menschen, die eine Abschlussarbeit geschrieben haben, die so gut war, dass sie mit dem 19. Ausbildungspreis der FMA und IFMA Austria prämiert wurde. Die IMMOBILIENWIRTSCHAFT hat mit ihnen gesprochen, hier kommt Simon Kaufmann zu Wort. Er hat das Bachelorstudium Architektur – Green Building am FH Campus Wien beendet und seine Arbeit über Immobilienbegrünung geschrieben. Sie stammen aus dem Waldviertel, wohnen in Wien. Wo ist es nachhaltiger zu leben?
Simon Kaufmann: Das ist eine gute Frage. Von meiner Wohnung in Wien erreiche ich schnell drei recht schöne Parks, und dennoch bin ich im Lockdown in meinen Heimatort gefahren. Da ist halt ein eigener Garten. Trotzdem geht mir dann die Stadt ab, es sind das energiegeladene Umfeld und die vielen Möglichkeiten, die mich zurückholen. Solange es mir die Zeit erlaubt, pendle ich aber auch am Wochenende zu meiner Familie – wenn es im Zug WLAN gibt, spielt die Fahrzeit kaum eine Rolle.
Einfamilienhäuser am Land gelten ja als wenig nachhaltig. Was halten Sie davon?
Kaufmann: Im Waldviertel gibt es sehr viele Einfamilienhäuser, neue werden noch immer gebaut. Mir kommt das wie ein künstlich am Leben gehaltenes System vor. Es kann doch nicht im Interesse einer Gemeinde sein, Mehrkosten durch Infrastruktur zu haben, wenn neue Grundstücke gewidmet und erschlossen werden. Irgendwer muss das ja finanzieren, am Ende sind es wir als Steuerzahler. Ich bemerke auch kein professionelles Vorgehen oder eine Begleitung durch Experten bei der Erweiterung von Siedlungen, anscheinend werden hier viele Aspekte einfach ignoriert.
Sie haben Architektur und Green Building studiert, welche Rolle spielt da das Facility Management?
Kaufmann: Ich finde es schade, dass wir Facility Management im Studium nur ganz kurz behandelt haben, dabei ist der Betrieb von Gebäuden ebenfalls wichtig. Weil ich den Preis gewonnen habe, tauche ich gerade viel tiefer in diese Welt ein und komme aus meiner Architektur-Bubble heraus. Das finde ich spannend und wichtig.
Zu der Arbeit, für die Sie den Preis gewonnen haben: Was haben Sie da untersucht?
Kaufmann: Ursprünglich wollte ich den Output von Photovoltaikanlagen mit jenem von Dachgärten untersuchen. Für eine Bachelorarbeit war das aber zu komplex, also habe ich mich auf einen ökobilanziellen Vergleich von Photovoltaik und Gründächern fokussiert.
… also was im Sinne der Nachhaltigkeit am sinnvollsten ist?
Kaufmann: Richtig. Da gibt es ja sehr unterschiedliche Varianten; Tragstrukturen, Wärmedämmung, Abdichtungen usw. Ich habe freilich nur die Ökobilanz verglichen, also den ökologischen Fußabdruck der Materialien.
Was fließt da mit ein?
Kaufmann: Im Grunde werden die Materialien und deren technische Lebensdauer erfasst. Die wesentlichen Indikatoren für die Materialien sind der CO -Abdruck bzw. ihre Emissionen, das Versäuerungspotenzial – das betrifft die Bodenversäuerung – sowie der Energiebedarf für die Herstellung der Materialien. Am Ende gibt es hierzu nun eine gute Übersicht, die Basis für weitere Forschung sein kann. Man könnte jetzt eine Lebenszyklusberechnung anstellen oder die Softfaktoren genauer untersuchen.
Was bewirken die Softfaktoren?
Kaufmann: Die sind immens wichtig! In diesem Fall ist eine reine Ökobilanz noch zu wenig, um wirklich sagen zu können, dieses oder jenes System ist das bessere. Es gibt sehr viele Faktoren, die so ein Urteil noch beeinflussen, etwa inwieweit ein Gründach die Umgebung und das Gebäude kühlt und es daher für Mieter und auch für Investoren besser ist. Mieter, die zufriedener sind, ziehen ja nicht so schnell aus. Die schwammartige Eigenschaft von Gründächern kann extreme Niederschläge absorbieren, die Pflanzen sorgen für Biodiversität usw.
Es gibt also viele Anknüpfungspunkte. Vielleicht für Ihre eigene Masterarbeit?
Kaufmann: Möglich, mal schauen. Jedenfalls habe ich gerade mit dem Master begonnen.