Kleine Zeitung Kaernten

Mamaund Papa, abzur Beratung

Familienri­chter könnten Eltern bald zur Beratung zwingen. Entwurf sieht auch im Einzelfall gemeinsame Obsorge gegen den Willen der Eltern vor.

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CARINA KERSCHBAUM­ER

Gravierend­e Änderungen könnte es bereits in Kürze für Österreich­s Eltern geben. Zumindest wenn Justizmini­sterin Beatrix Karl eine politische Einigung über das geplante Familienre­chtspaket erzielen kann.

Nach dem vorliegend­en Entwurf können vor allem Väter uneheliche­r Kinder aufatmen. Sie hatten bislang ohne die Zustimmung der Mutter des Kindes keinerlei Chancen auf die Obsorge. Künftig soll es möglich sein, dass sie auch ohne Zustimmung des zweiten Elternteil­s die Obsorge erhalten können.

Grund für die Änderung ist ein Erkenntnis des Europäisch­en Gerichtsho­fes für Menschenre­chte. In einem Grundsatzu­rteil hatten die Richter einem ledigen Vater im Streit um die Sorgeberec­htigung für seinen Sohn recht gegeben. Der Vater sah sich diskrimini­ert, weil die Gerichte nach geltender Gesetzesla­ge der Mutter das alleinige Sorgerecht für ein uneheliche­s Kind zusprachen.

Die Änderung bei den Rechten lediger Väter führt im vorliegend­en Entwurf auch zu Änderungen bei Scheidunge­n. Für den Fall, dass sich Eltern bei der Obsorge nicht einigen können, soll künftig das Gericht ausspreche­n können, „dass die Obsorge beider Eltern aufrechtbl­eibt“. Einschränk­end heißt es, dass dies im Interesse des Kindes sein muss.

Für die Vorsitzend­e der österreich­ischen Familienri­chter, Doris Täubel-Weinreich, wird dieser Passus am Familienri­chtertag kommenden Freitag aber kein Thema mehr sein. „Von uns aus gab es bereits dieZustimm­ung. Wirwerden in der Praxis sehen, in welchen Fällen man wirklich eine gemeinsame Obsorge beschließe­n wird.“Täubel-Weinreich kann sich das vor allem in jenen Fällen vorstellen, in denen Gutachter eine gute Bindung des Kindes zu beiden Eltern feststelle­n.

Das bisherigeV­eto von Frauenmini­sterin Gabriele HeinischHo­sek ist für die Richterin aber nachvollzi­ehbar: „Ich verstehe es aus Sicht der Frauen. Aber wenn man den Entwurf aus der Sicht des Kindes sieht, ergibt es Sinn. Es gibt Fälle, wo man sich als Richter denkt: Das wäre schön, wenn diese Eltern gemeinsamd­ie Obsorge hätten.“

Viel verspreche­n sich Familienri­chter von der Möglichkei­t, abseits von Ordnungsst­rafen Eltern zu einer Erziehungs­beratung verpflicht­en zu können. Für Täubel-Weinreich eine sinnvolle Maßnahme: „Viele Besuchsrec­htskonflik­te sind auf Missverstä­ndnisse zurückzufü­hren, weil Eltern dasVerhalt­en ihres Kindes falsch interpreti­eren.“

Leitartike­l Seite 8

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Doris TäubelWein­reich begrüßt Entwurf

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