Blankoscheck für verschuldete Staaten
Für Juni planen SPÖ und ÖVP, den Stabilitätspakt noch rasch im Parlament durchzuwinken, man wartet zwecks erforderlicher Stimmenmehrheit noch auf die Grünen, die das bloß zum Anlass nehmen, die Finanztransaktionssteuer voranzutreiben. Gegen den EMS selbst wurden kaum Bedenken laut. Der EMS verletzt klar die Nichtbeistandsklausel (no bailout) der EUund ist (nebenTargetkrediten) einer der zentralen Schritte amWeg in die Transferunion.
Der„Schutzschirm“EMS, gedacht als „Verteidigungslinie gegen Vertrauenskrisen“, umfasst zunächst 700 Milliarden Euro, unser Anteil ist rund 2,8 Prozent. Er soll krisengeschüttelten StaatenKredite gewähren. EinGrundkapital (80 Milliarden Euro) wird einbezahlt, dieses kann der Gouverneursrat jederzeit ändern, es besteht Nachschusspflicht, und zwar „bedingungslos und unwiderruflich“. Ferner wird fürKredite für insgesamt 620 Milliarden Euro garantiert (Ob eine „Hebelung“, sprich Vervielfachung über die 700 Milliarden hinaus möglich ist, bleibt unklar). Der ESM unterliegt gerichtlicher Immunität, Klagen sind ausgeschlossenunddenKontrolleurkannsich der ESM selbst bestimmen!
Die Schuldnerländerwerden die Geldverwendung selbst diktieren, sie verfügen über die Stimmenmehrheit. Kreditrückzahlungen zu erwarten, ist illusionär (wie das Beispiel Griechenlands zeigt). Ausländische Gesundheits-, Schul- und Verwaltungsausgaben werdenmit österreichischemGeldfinanziert, obÖsterreich vomEMSim Fall einer schweren Bankenkrise Geld erhielte, steht in den Sternen.
De facto stellen wir einen gigantischen Blankoscheck an hoch verschuldete Staaten aus. Der ESM läuft auf eine Abschaffungweitreichender demokratischer Grund- und Kontrollrechte hinaus, er ermöglicht großflächigeUmverteilung und Enteignung im Euro-Land. Wirwerden – mit Deutschland– zudengroßenVerliererngehören, dieKosten werden für jedenErwerbstätigen derzeit auf ca. 24.000 Euro geschätzt. Der ESM wird „permanent“, denn je mehr Geld die PIIGS-Staaten erhalten, destoweniger müssen sie reformieren. DieErfahrungderletztenJahrebelegt diese Einsicht bitter.
Der Stabilitätspakt soll die erforderliche Kreditvergabe limitieren, indem er Staaten zur fiskalischen Disziplin zwingt. Die vorgesehenen maximalen Strafen (0,1 Prozent des BIP) bei Zuwiderhandeln sind allerdings als lapidar zu qualifizieren, ein Politiker wieHollande wird sich von diesem zahnlosen Tiger niemals einschüchtern lassen. ie Ratifizierung durch Abgeordnete, die zumeist diesen Vertrag überhaupt nicht verstehen, ist mehr als problematisch. In Deutschland habenWissenschaftler eine Klage vor dem Bundesverfassungsgerichtshof eingeleitet. Eva Pichler lehrt an derWirtschaftsuniversitätWien
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