ADOLFO ASSOR IN KÄRNTEN
Der chilenische Theatermacher Adolfo Assor, Intendant des Berliner Garn-theaters, rückt dem Kärntner Publikum mit Kafka und Gogol zu Leibe.
DIENSTAG, 12. JUNI 2012, SEITE 47
MARIANNE FISCHER
In seinem dreißig Besucher fassenden Kellertheater in BerlinKreuzberg sperrt er nicht nur die Türen auf und reißt die Karten ab, er nimmt bei Bedarf seinem Publikum auch die Mäntel ab. Dann macht er das Licht an, geht auf die Bühne – und „plötzlich ist da einer, von dem man das Gefühl hat, er hat wirklich etwas zu erzählen“. – Der das erzählt, das ist Felix Strasser, Chef des Theatervereins Vada. Und die Rede ist von Adolfo Assor (66), chilenische Theaterlegende und Intendant des Berliner GarnTheaters, der zwischen Dreharbeiten in Chile, einer Gastspielserie an der Philadelphia University und einem Dreh für einen Werbespot am Gardasee auf Ein-
12. Juni „Aus dem Tagebuch einesWahnsinnigen“, 13. Juni „Bericht für eine Akademie“. Je 20 Uhr, Hotel Post (Hauptplatz). Eintritt frei.
14. Juni „Tagebuch “, 15. Juni „Bericht“, Theater Halle 11 (Messegelände). Karten: Tel. (0463) 31 03 00. 16. Juni Jugendstiltheater (ausverkauft).
Villach:
Klagenfurt:
ladung von Vada fünf Gastspiele in Kärnten gibt. Und zwar mit Gogols „Tagebuch eines Wahnsinnigen“und Kafkas „Bericht an eine Akademie“.
Für Kafka, erinnert sich Assor im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, hat er sich schon in seiner Jugend in Chile interessiert. Und er hat mit Kafka provoziert: Während Augusto Pinochets Terrorregime setzte er die „Strafkolonie“auf die Bühne und spielte einen brutalen Offizier, der einen Folterapparat bedient. „Da habe ich gegen meine eigene Angst vor dem Regime angespielt“, erinnert sich Assor: „Mein Kollege, der im Stück nur als eine Art Zuhörer fungierte, wurde sogar geschlagen. Insgesamt fünf Mal musste ich die Rolle neu besetzen. Später habe ich mir die Tat- sache, dass mir nichts passierte, so erklärt: In meiner Rolle als Offizier war ich nicht angreifbar, denn damit hätte sich dasRegime ja selbst verurteilt“, so Assor, der 1986 für dreiMonate als Gast des Internationalen Theaterinstituts nach Deutschland kamund blieb.
Das Staatstheater Kassel hätte ihn gerne als Regieassistenten angestellt, aber Assor wollte kein Rädchen im Getriebe sein, sondern das Getriebe selbst und widerstand daher denVerlockungen der großen Bühnen. Am liebsten arbeitet er als Solist: „Ich mag das Theater in allen Facetten, bin also am liebsten mein eigener Dramaturg, Regisseur, Maskenbildner, Schauspieler – und dabei möglichst nah dran am Publikum.“Infos: www.vada. cc