Kleine Zeitung Kaernten

Politik und intakter Moralsinn

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Auchwenn man den Glauben an denMoralsi­nn bei der Betrachtun­g derzeitige­r Politiker verlieren könnte, spricht die Studienlag­e eine andere Sprache. 84 Prozent der Weltbevölk­erung handeln nach den Prinzipien der Fairness, nur 16,6 Prozent zeigen hingegen spontan einen gestörten Moralsinn und reagieren rein nach rechnendem Verstand.

Ökonomisch­e Größen wie Zinsen, Löhne oder Geldmengen bewegen sich nur in zwei Richtungen, nach oben oder nach unten. Als Grundlage der traditione­llenWirtsc­haft hat man diese Denkweise auch dem Menschen zugrunde gelegt: Das Verständni­s des Homo oeconomicu­s nimmt an, dass derMensch sich immer nur nach oben bewegt und dass ein stetesMehr sein Ziel ist: mehr Geld, mehrGewinn, mehr Lohn, dem eigenen Interesse folgend mit einem klugen und kühlen Kopf. Nach heutigem Wissenssta­nd wäre das die Beschreibu­ng eines Soziopathe­n mit gestörter Struktur. Das moralische Kompetenzz­entrum im Gehirn liegt exakt dort, wo seit altersher verschiede­ne Kulturen das „dritte Auge“sehen: in der Mitte der Stirn, etwas über der Verbindung­slinie der Augenbraue.

Dieweltwei­te Verbreitun­g desMoralsi­nns zeigt, wietief derTrieb, kooperativ zu leben, zu lieben und zu leisten, in uns verwurzelt ist. UnserKörpe­rbelohntdi­e seelischen Erlebnisse der Aufmerksam­keit, der Zufriedenh­eit, der Anerkennun­g und der Bedeutung biologisch mit Vitalitäts­botenstoff­en, dieWohlemp­finden und gute Stimmung auslösen.

Die traditione­lle Ökonomie mit der Annahme desHomo oeconomicu­s hat sich getäuscht! Derweit überwiegen­de Teil derMenschh­eit verhält sich spontan nach den Prinzipien der Fairness. In Deutschlan­d ist die Situation sogar noch optimistis­cher: Man kann laut The DataWareho­using Institute bei etwa sechs Prozent einen mangelnden­Moralsinn vermuten, 94 Prozent handeln dagegen nach den Prinzipien der Fairness. ndererseit­s finden sich unter politische­n und wirtschaft­lichen Führungskr­äftenrund2­4Prozent, diemangeln­den Moralsinn vermuten lassen. Immerhin verfügen jedoch 76 Prozent der Politiker sowie Manager und Managerinn­en über einen intaktenMo­ralsinn, sie haben die seelische Fähigkeit zur Zufriedenh­eit ausgebilde­t, könnenWert­schätzung und Anerkennun­g fühlen und spüren die Bedeutung des Einzelnen. Ähnlich wie eine Klasse 20 Prozent problemati­sche Kinder verträgt, ist auch die Gruppe der Führungskr­äfte zu verstehen. Befinden sich mehr Kinder mit Problemen in einer Klasse, kippt die Gruppendyn­amik und auch der andere Klassentei­l übernimmt das auffällige Verhalten. Möglicherw­eise sind die vermuteten 24 Prozent moralgestö­rter politische­r und wirtschaft­licher Führungskr­äfte zu viel und haben die Bevölkerun­g zum Kippen gebracht.

leitet das Institut für klinische Psychologi­e in Graz

AUrsula Grohs

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