Einsprachigkeit ist heilbar
Erstsprache/n sind die Sprachen, die Kinder zuallererst, im Alter bis zu 3-4 Jahren, lernen – seien es Dialekte der deutschen Sprache, Slowenisch, Türkisch oder eine andere Sprache. Das können auch zwei Sprachen sein, wenn z. B. die Eltern zwei unterschiedliche Sprachen sprechen.
Der im Pluralis Majestatis formulierende Autor („wir haben . . . ersetzt“) verunglimpft in der Spracherwerbsforschung unumstrittene Erkenntnisse eines positiven Zusammenhangs zwischen Erwerb von Erst-/ Familiensprachen und Zweitsprachen als „Ideologie“. Dass es ein Recht eines jeden Kindes auf Literalisierung auch in der Erstsprache geben sollte und dass es erheblichen Bedarf an qualifizierten mehrsprachigen Menschen in unserem Land gibt, die Deutsch und Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Türkisch, Albanisch etc. sehr gut beherrschen (Ärzte, Pfleger, Lehrer, Kindergartenpädagogen, Polizisten etc.), sei hier nur am Rande vermerkt. Also, beide Sprachen zu fördern ist sinnvoll, statt einen Gegensatz zwischen Bildungssprache Deutsch und Familiensprachen zu konstruieren.
Könnte es sein, dass der Autor einer „Ideologie“anhängt, die die Auffassung vertritt, dass Österreich ein deutsches Land ist? Einer „Ideologie“, die annimmt, Menschen und Gesellschaften seien einsprachig? Dem müsste man entgegnen: Mehrsprachigkeit ist die Regel, auch in Österreich. Hier werden nach der letzten Volkszählung über 60 andere Sprachen als Umgangssprachen gesprochen und hier gibt es sieben verfassungsmäßig anerkannte Sprachen neben Deutsch. Aber zum Glück gilt: Einsprachigkeit ist heilbar! Rudolf de Cillia,
Wien