Russische Begehrlichkeiten
Banken, Gas und militärischer Einfluss: Zypern hat hohe strategische Bedeutung.
Zypern blickt in der Krise Hilfe suchend nach Russland – und der Kreml reibt sich die Hände über die Avancen des Euro-Mitgliedslandes. Leicht macht es Russland den Zyprioten nicht, denn die kleine Inselrepublik ist Spielball im Machtpoker zwischen Russland und Europa geworden. Auch wenn die Beziehungen zwischen den beiden christlich-orthodox geprägten Ländern eng sind – Moskau lässt sich die Hilfe teuer abringen. Denn Moskaus Begehrlichkeiten auf Zypern gehen weit über die Banken und die dort angelegten russischen Gelder hinaus.
Vor der Küste Zyperns liegen Gasvorkommen – 80 Milliarden Dollar sollen die 200 Milliarden Kubikmeter Erdgas im „Aphrodite-Feld“wert sein. Für Russland wäre ein Zugriff auf zyprisches Gas reizvoll – schon allein deshalb, weil es dieHoffnungen der Europäer, durch die Gasfunde vor Zypern die eigene Abhängigkeit von russischem Gas zu mildern, durchkreuzen wür- de. Zwar ist man erst bei Probebohrungen, die Erschließung der Vorkommen könnte länger dauern als gedacht, doch die Hoffnungen sind groß. D arüber verfügt Zypern allein durch seine geografische Lage über strategische Bedeutung fürMoskau: In derVergangenheit nutzten viele westliche Staaten Zypern als Sprungbrett für Einsätze im Irak und Afghanistan; auch für einen möglichen Einsatz in Syrien wäre Zypern eine guteBasis. DieRussen wiederum verfügen im Mittelmeer nur über einen einzigen Marine-Stützpunkt, nämlich im syrischen Tartus. Im Gegenzug für Hilfe in der Bankenkrise könnte Moskau nun verlangen, dass künftig in Zypern eine russische Militärbasis entsteht – auch für den Fall, dassMoskaus Verbündeter Assad in Syrien gestürzt wird. Ein Marine-Geschwader könnte auch gleich die zyprischen Gasfelder bewachen, sollten dort russische Unternehmen beteiligt sein. H andelseins wurde man noch nicht. Der inMoskau verhandelnde zyprische Finanzminister Michalis Sarris erklärte gestern, Russland sei zwar bereit, den 2011 gewährten Kredit zu stunden. Einen neuen wird es jedoch nicht geben. Russland zeige aber Interesse an „Investitionen“in Zypern. Das Tauziehen geht also weiter. NINA KOREN