Kleine Zeitung Kaernten

PORTRÄT DES TAGES Mandela wird er keiner mehr

Abdullah Öcalan (63) führt die PKK mit Charisma und harter Hand.

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Was vor wenigen Jahren niemand für möglich gehalten hatte, wird in diesenTage­n zur Realität: Abdullah Öcalan, genannt Apo, bis vor Kurzem noch der Staatsfein­d Nummer eins in der Türkei, ist auf dem Weg zum anerkannte­n Verhandlun­gspartner der Regierung. Gerade noch Terrorist, ist nun eine Arafat-Karriere in Sichtweite. Schon träumen einige seiner Anhänger davon, dassÖcalan eines Tages wie Mandela die Geschicke eines eigenen Staates bestimmen könnte, doch spätestens an diesem Punkt ist es vorbei mit den Analogien. Einen eigenen kurdischen Staat wird es in absehbarer Zeit nicht geben, und Abdullah Öcalan ist schon von Typ und Charakter her alles andere als ein Nelson Mandela.

Noch in den 70er-Jahren gehörte der in einem kleinen Dorf unweit der syrischen Grenze geborene Abdullah zur radikalen tür-

geboren am 4. April 1949 in Ömerli in der türkischen Provinz Sanliurfa.

Politikstu­dium und Anschluss an linksextre­me Gruppen. PKK-Gründung am 27. November 1978. Bis 1998 PKK-Führung von Syrien aus. 1999 Festnahme, Verurteilu­ng.

Abdullah Öcalan,

Werdegang:

kischen Linken, die zwar den Kapitalism­us abschaffen wollte, mit ethnischen Minderheit­en aber wenig am Hut hatte. Als Öcalan merkte, dass ihn seine kurdische Herkunft auch innerhalb der türkischen Linken benachteil­igte, gründete er 1977 mit Getreuen die kurdische Arbeiterpa­rtei PKK – mit dem Ziel, ein sozialisti­sches Kurdistan aufzubauen. Öcalan entwickelt­e sich in den Jahren des bewaffnete­n Aufstandes zu einem charismati­schen, aber despotisch­en Führer. Militä- risch wurde die PKK immer stärker, mit ihrem Rückzugsge­biet in Syrien konnte sie der türkischen Armee immer wieder entkommen. Die ließ dann 1998 entlang der syrischen Grenze so viele Truppen aufmarschi­eren, bis die Drohung mit einem Einmarsch Syrien zu einer Ausweisung Öcalans zwang.

In der Folgezeit irrte er von Russland über Italien bis in die griechisch­e Botschaft nach Kenia, wo ihn 1999 ein Kommando des türkischen Geheimdien­stes mit amerikanis­cher Hilfe gefangen nahm. Seitdemhat Öcalan außer seiner Zelle auf der Gefängnisi­nsel Imrali nicht viel gesehen. Er wurde zum Tode verurteilt und ein Jahr später, nicht zuletzt auf europäisch­en Druck, zu einer lebenslang­en Haftstrafe begnadigt. Trotz seiner langen Haftzeit behielt Öcalan seinen Einfluss auf die kurdische Bewegung. JÜRGEN GOTTSCHLIC­H, ANKARA

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AP Öcalan, in der Türkei Staatsfein­d Nummer eins, legt Waffen nieder

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