Opfer von Stalking blitzen ab
118 Stalkingfälle wurden im Jahr 2012 gemeldet – fast doppelt so viele wie die Jahre davor. Die Zahl steigt weiter an. Ermittlungen der Justiz verlaufen aber oft imsand, da Opfer zu früh Anzeige erstatten.
JOSEF PUSCHITZ
Ein Jahr Freiheitsentzug – diese Strafe droht jedem, der vor Gericht für den Tatbestand der beharrlichen Verfolgung schuldig befunden wird. Das Delikt ist landläufig besser als „Stalking“bekannt und wird seit 2006 strafrechtlich verfolgt. Das hat potenzielle Täter aber nicht abgeschreckt – im Gegenteil: Gestalkt wird immer öfter.
An der Statistik des Klagenfurter Gewaltschutzzentrums wird diese Entwicklung besonders deutlich. Die Stelle ist die wichtigste Beratungsinstanz für Stalkingopfer und verzeichnet Jahr für Jahr mehr Anfragen. „2010 hatten wir noch 65 Stalkingfälle, 2011 schon 79. Voriges Jahr kamen wir auf 118 und alleine im aktuellen Quartal sind es schon wieder 42“, sagtRoswitha Bucher, die Leiterin des Gewaltschutzzentrums. Sie rechnet für 2013 mit einem neuen Rekord bei den Meldungen. Auch die weiteren Zahlen aus der Gewaltschutz-Statistik (siehe oben)
sind erschütternd.
Suppe oft zu dünn
Der Anstieg der gemeldeten Fälle sei vor allem dem gesteigerten Bewusstsein über die Rechtswidrigkeit des Stalkings geschuldet, das Opfer vermehrt in die Offensive gehen lässt. Seit das Delikt einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, kommt es schneller zu Anzeigen. Laut Bucher bringt das aber Probleme mit sich: Weil die Opfer ihre Stalker jetzt nach nur kurzer Zeit anzeigen, hören die Angriffe früher auf. Das hat wiederum zur Folge, dass für die Justiz die Suppe zu dünn ist und Strafverfahren vermehrt eingestellt werden. Genau das wurde etwa einer Angestellten aus Ferlach zum Verhängnis (siehe Artikel rechts). „Die Staatsanwaltschaft weist viele Anzeigen zurück, weil der Tatbestand noch nicht erfüllt worden ist. Deshalb rate ich Opfern eindringlich, sich erst an uns zu wenden, bevor sie Anzeige erstatten“, sagt Bucher.
Für sie ist das Stalkinggesetz ein „Gummi-Paragraf“, der beliebig ausgelegt werden kann. Ähnliche Erfahrungen hat der Klagenfurter Georg Luckmann gemacht. Er vertrat ein Stalkingopfer, dessen Anzeige von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt wurde – weil der Tatbestand nicht ausreichend erfüllt wäre. „Das dürfte eine rechtspolitische Entscheidung sein. Würden sie alles verfolgen, wären 1000 Leute vorm Richter“, sagt Luckmann.