Kleine Zeitung Kaernten

Früchte einer Visionärin

Meina Schellande­r, unlängst mit dem Landeskult­urpreis geehrt, schlägt in der „rittergall­ery“kühne Brücken zwischen Form und Existenz.

-

FREITAG, 22. MÄRZ 2013, SEITE 71

ERWIN HIRTENFELD­ER

Zur Verbesseru­ng ihrer „finanziell­en Lage“hat Meina Schellande­r einmal ihren Freunden mitgeteilt, dass sie ab sofort „Aufträge für Fernporträ­ts“annehmen würde. Das Echo war so enorm, dass sie schon bald einen Rückzieher machen musste. „Manche haben mir sogar Fotos von sich geschickt“, schmunzelt die 66-Jährige vor dem „Fernporträ­t“eines ihrer Auserwählt­en. Es zeigt – nicht gerade leicht erkennbar – den Verleger Helmut Ritter, mit dem Schellande­r eine alte Freundscha­ft verbindet, die sie so umschreibt: „Künstler mit Vision trifft Sammler mit Vision.“

Das vielleicht aufregends­te Ergebnis dieser visionären Zusammenar­beit ist derzeit in der Klagenfurt­er „rittergall­ery“zu bestaunen. Unter dem komplexen Titel „Projekt einer Reihe von 33 antagonist­ischen figuralen Phasen“hat die Ludmannsdo­rferin ein ebenso komplexes Werk geschaffen. Es zeigt je 33 Figuren und kubische Elemente, die in gegenläufi­ger Anordnung Chaos und Ordnung, Auflösung und Neubeginn versinnbil­dlichen. Ausgangspu­nkt der Kompositio­n ist ein durchgestr­ichenes Quadrat, das auch in einem frühen Holzobjekt wiederkehr­t. Das Quadrat steht dabei für die menschlich­e Existenz, die von zwei Diagonalen infrage gestellt wird.

Die Bronzeplas­tik aus dem Jahr 1978 findet ihre Entsprechu­ng in einer Serie von Grafiken, die Eingang in ein exklusives Buchobjekt gefunden haben. Nur 15 Exemplare hat der Ritter-Verlag davon produziert. Das gesamte Ensemble, ein wahres Museumsstü­ck, ist für durchschni­ttliche Sammler unerschwin­glich und darf – quasi zu Füßen desMMKK – als Hommage an die jüngste Kulturprei­strägerin des Landes Kärnten verstanden werden.

Schellande­rs konzeptive Strenge, die sich zuweilen mit dadaistisc­hem (Aber-)Witz verbindet, offenbart sich auch in kleineren Arbeiten aus ihren Anfangsjah­ren: darunter ein Blatt mit dem Titel „Das Wagarl mitm Labarl“(sic!) oder ein Foto von jenem Findling, den sie 1973 über dem Krastal schweben ließ – nachzuscha­uen übrigens in Thomas Zaunschirm­s exquisiter Monografie „Kopf und Quer“(Ritter).

Manifestha­ftes, Verschrobe­nes und im besten Sinne Obsessives wird auch in Blättern ihrer Diplomarbe­it sichtbar, die sie einst bei Maximilian Melcher eingereich­t hat. Sie hätte mit ihm „hauptsächl­ich gestritten“, sagt die Künstlerin über ihren Lehrer, der ihrenWider­stand letztlich zu schätzen wusste. Aufregend unangepass­t ist Meina Schellande­r bis heute geblieben. Meina Schellande­r. Frühe Hauptwerke in der „ rittergall­ery“, Burggasse 8, Klagenfurt; bis 27. April. Infos: 0463/590490.

 ?? EH ( 2) ?? Meina Schellande­r (66) vor einem „Fernporträ­t“des Klagenfurt­er Verlegers und Sammlers Helmut Ritter
EH ( 2) Meina Schellande­r (66) vor einem „Fernporträ­t“des Klagenfurt­er Verlegers und Sammlers Helmut Ritter
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria