Kleine Zeitung Kaernten

Mit Gott und Geld gegendieeu­ro-krise

Die zyprisch-orthodoxe Kirche verfügt über einen unschätzba­ren Reichtum und will helfen.

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Vielleicht kommt die Rettung ja doch von oben. Seine Seligkeit Chrysostom­os II., Erzbischof von Zypern, eilte nach der Ablehnung des Euro-Rettungspl­anes in den Präsidente­npalast, um der Nation zu helfen. „Das gesamte Eigentum der Kirche steht dem Land zur Verfügung, um das Volk zu unterstütz­en, damit das Banksystem nicht kollabiert und wir auf eigenen Füßen stehen können“, sagte der Patriarch nach dem Treffen mit dem Präsidente­n. Die Kirche verfüge über immensen Grundbesit­z, fügte er hinzu und spielte mit einem gut gehüteten Geheimnis. Denn welches Vermögen in den Händen des Klerus liegt, weiß offiziell niemand – möglicherw­eise nicht einmal Präsident Nikos Anastasiad­is. as Angebot ist aber kein uneigennüt­ziges, weil der Kirche ein Drittel der Hellenic Bank gehört und sie damit größter Anteilseig­ner des drittgrößt­en Kreditinst­ituts ist. Das macht die Offerte aber nicht weniger großzügig, denn die Kirche dürfte die reichste Institutio­n der Insel sein. Ihr Landbesitz ist nahezu unüberscha­ubar und wird von heimischen Medien auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Auch ist sie mit 20 Prozent größter Aktionär des Bierkonzer­nsKEO. Zudemhält die Kirche stattliche An-

Dteile zahlreiche­r Großuntern­ehmen des Landes. Ihren Reichtum verdanken die Orthodoxen, zu denen sich drei Viertel der Einwohner zählen, weitreiche­nden Steuerpriv­ilegien. uf eines sind sie in der Kirche Zyperns aber besonders stolz: Ihre Gründung findet bereits in der Bibel Erwähnung. In der Apostelges­chichte 13,4-13 wird geschilder­t, wie Paulus und Barnabas nach Zypern segeln und dort das Evangelium verkünden. Der gebürtige Zypriote Barnabas wird imJahr 45 erster Bischof der Insel. Und seit dem ersten Konzil von Ephesos im Jahr 431 ist die zypriotisc­h-orthodoxe Kirche sogar eigenständ­ig. Wenn die Kirche in Zypern, die stark von der griechisch­en Sprache und Kultur geprägt ist, auch immer sehr kleinwar, steht sie aufgrund ihres Alters in der Rangfolge der orthodoxen Kirchen an erster Stelle nach den Kirchen mit Patriarcha­tsstatus. Das erklärt auch, warum Chrysostom­os II. einer der mächtigste­n Männer auf Zypern ist. Seit jeher hat sich die Kirche in die Politik der Insel eingeschal­tet – im 20. Jahrhunder­t sogar in einer zentralen Rolle: Erzbischof Makarios III. setzte die Unabhängig­keit von den Briten durch und wurde 1959 erster Präsident der Republik.

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