Wassich hinter den Kulissen abspielt
Chefverhandler Kaiser ließ sich von Obernosterer bei Aufgaben, aber nicht bei Posten erweichen / Holub erntet Lob / Köfer und Ragger sind abgemeldet
Sie wird an die 40 Seiten umfassen und zwei in einem sein – Regierungserklärung und Koalitionsvereinbarung, mit einer vorangestellten Präambel. Am Gründonnerstag wird SPÖChef Peter Kaiser als neuer Kärntner Landeshauptmann im Landtag der Öffentlichkeit das Programm der rot-schwarz-grünen Koalition präsentieren. Ganz Österreich wird gespannt darauf blicken, handelt es sich doch bundesweit um die erste DreierKoalition SPÖ, ÖVP und Grüne.
Wie läuft die Regierungsbildung mit drei so unterschiedlichen Parteien hinter den Kulissen ab? Auf jeden Fall „in einer sehr guten Atmosphäre“, bescheinigen alleVerhandler. Die in der zweitenReihe haben den Eindruck, dass sich Peter Kaiser, der Grüne Rolf Holub und das ÖVPDuo Gabriel Obernosterer und WolfgangWaldner „schon vor der Wahl sehr gefunden haben, das wirkt hundertprozentig nach“.
Es gebe „das Bemühen, auf den anderen einzugehen“. Den ideologischen Unterschieden werde „mit Wertschätzung begegnet“. GeflügelteWorte seien: „Ich verstehe Dich, wir verstehen Euch.“Unheimlich mutet an, wie überschwänglich Kaiser gelobt wird. Er habe „eine exzellente Führung“, beeindrucke „mit seinen Detailkenntnissen“, sei „auch nach sieben Stunden noch hoch konzentriert“und überdies ein „geschickter Taktiker“. So muss ein Grüner schmunzeln: Man habe bei einer Frage „wie in einen Stuhl hineingebissen, geredet und geredet“. AmEnde hatte Kaiser die Diskussion dort, wo er von Anfang g an hin wollte.
Vom Grünen Holub schwärmt ein Roter, „dass er mit seiner Sachlichkeit und Nüchternheit glänzt“. Bei den Schwarzen „gibt Obernosterer die große Linie vor“, Waldner sei der Detaillist. Für einen Verhandler ist „die ÖVP, wie sie ist, die ändern sich nicht“. Die Aussage ist auf personelle Forderungen gemünzt. So wollte Obernosterer fürWaldner von der SPÖ den Zweiten Landeshauptmannstellvertreter. Kaiser habe schnell klargemacht, dass dies angesichts der Stärkeverhältnisse „durch nichts zu begründen und kein Tauschgeschäft notwendig ist“. In derÖVP meint man, „dass man natürlich immer mehr fordern muss“.
Mehr Erfolg hatte Obernosterer mit einem Lesachtaler „Bittschön“beim landwirtschaftlichen Schulwesen, weil es „eine solche Herzensangelegenheit“von LandwirtschaftskammerPräsident JohannMößler sei. Ob- wohl die SPÖ alle Bildungsagenden zusammenführenwollte, trat Kaiser die Landwirtschaftsschulen dann doch anWaldner ab.
Die Verantwortung t t für die Finanzund Wirtschaftspolitik soll künftig eng verzahnt von Rot und Schwarz wahrgenommen werden. Für die Landesgesellschaften hat der Unternehmer, VSV-Präsident und derzeitiges Landesholding-Aufsichtsratsmitglied Gilbert Isep ein DreiSäulen-Modell entworfen, das umgesetzt wird. In einem Lenkungsgremium werden nicht nur die Koalitionsparteien, sondern auch die Sozialpartner und die beiden anderen Regierungsparteien, FPK und Team Stronach, vertreten sein.
Apropos andere Regierungsparteien! Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie überfällig die Abschaffung des herrschenden Proporzsystems ist, wird er gerade erbracht. Drei Parteien sind sich über die künftige Politik einig, sie stellen fünf Regierungsmitglieder und könnten locker alle Aufgaben bewältigen. Damit die beiden anderen Regierungsmitglieder, Gerhard Köfer vom Team Stronach und von der FPK wahrscheinlich Christian Ragger, nicht hoch bezahlt, aber untätig durchs Land spazieren, hat man ihnen Aufgaben zugeordnet. Köfer kriegt den Straßenbau, Ragger rechtliche Angelegenheit wie Gewerberecht etc. Mit dem Ehrgeiz der beiden, sich in die Regierung aktiv einzubringen, dürfte es aber ohnehin nicht weit her sein. Weder Köfer noch Ragger meldeten ein besonderes Interesse an oder erhoben wenigstens eine Forderung.