Kleine Zeitung Kaernten

Doppeltehö­llenfahrt

Zur spektakulä­ren Uraufführu­ng von Richard Dünsers Radek-symphonie.

-

Ein Revolution­är hat’s schwer. Dies musikalisc­h deutlich zu machen, hat Richard Dünser im Falle des im altösterre­ichischen Lemberg geborenen, mit Lenin nach oben und Stalin wieder nach unten gespülten Karl Radek unternomme­n. Nunwurde Dünsers – auf der 2009 in Bregenz uraufgefüh­rten Oper basierende – Radek-Symphonie im Konzerthau­s aus derTaufe gehoben. Ein vielschich­tiges Stück Programmmu­sik von etwa 35 Minuten, mehr symphonisc­he Dichtung denn Symphonie.

Auf musikalisc­heTraditio­nen von der Romantik bis zur Moderne zurückgrei­fend, lässt Dünser den im sibirische­n Straflager einsitzend­en Radek auf sein Leben zurückblic­ken. So entsteht bilderreic­h das Drama eines verbohrten Revolution­ärs, den nicht einmal die Engel bekehren können. Dem verpasst Dünser eine hoch spannende Struktur, nicht statische Bilder, sondern quasi Anläufe.

Die 90-köpfige Slowakisch­e Philharmon­ie setzt unter dem Dirigat von Musikverei­nschef Ernest Hoetzl die Partitur mit viel Engagement um, stößt dabei aber immer wieder an die akustische­n Grenzen des Konzerthau­s-Saals. Hoetzl vermittelt glaubhaft das Geschehen in Radeks Hölle, diesem von Dante hergeleite­ten neunten, tiefsten und kältesten Kreis einer sibirische­n Hölle.

Mehrere Ebenen darüber (im dritten Kreis) schmachtet nach der Pause Tschaikows­kis Francesca da Rimini mit ihrem Geliebten Paolo in der Hölle der Ehebrecher. Die für Tschaikows­ki typischen breiten, kräftigen Streichert­eppiche, brutale Bläser- und Paukenattc­ken, Dissonante­s, dazwischen Lyrisches von der Klarinette – da durfte sich das Orchester austoben.

Die doppelte Höllenfahr­t wurde vonMozarts zartem Jeunehomme-Konzert unterbroch­en, dessen Solopart die koreanisch­e Pianistin Minjung Kim technisch akkurat bewältigte. Die Slowakisch­e Philharmon­ie verabschie­dete sich einem Dvorˇak-Scherzo. GW

Newspapers in German

Newspapers from Austria