Kleine Zeitung Kaernten

Kärntner Erinnerung­en

Ioan Holender (78) plaudert morgen mit Stadttheat­er-Intendant Florian Scholz. Für die Kleine Zeitung schwelgte er vorab in Erinnerung­en.

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Ioan Holender (78) plaudert morgen im Stadttheat­er mit Florian Scholz. Vorab schwelgt er in Kärntner Erinnerung­en.

Er kennt noch die Namen der Rezensente­n, vor deren Kritiken „wir gezittert haben“und hat Zeitungsau­sschnitte und alte Fotos dabei: Ioan Holender als Fürst Ottokar im „Freischütz“– in der Spielzeit 1964/65 seine erste Rolle am Stadttheat­er Klagenfurt, im „Bajazzo“, in Carl Orffs „Die Kluge“.

Sogar eine CD hat der längst amtierende Direktor der Wiener Staatsoper (1992-2010) mit: „Diese Lieder sind 50 Jahre alt, und ich sage, die sind nicht schlecht. Meine Tochter ist Cellistin, vorige Woche ist sie 16 geworden. Sie hat gefragt: Wer singt da? Und ich sagte: Ich, Alina. Und sie: Na komm, wirklich? Weil das ist sehr gut.“Dann kramt Holender in den alten Kritiken: „Gute, schlechte ... da lesen Sie: gediegenes Pathos. Hier bitte, im Musikverei­n Klagenfurt: Erlesenes Programm, erlesene Stimme ...“Als

lyrischer Bariton war Ioan Holender zwei Saisonen im Stadttheat­er Klagenfurt engagiert: „Mit 3000 Schilling proMonat im ersten Jahr, 3500 im zweiten.“

Was sagen denn Sie zur Burgtheate­r-Krise?

IOAN HOLENDER: Angelegenh­eiten von früheren Kollegen möchte ich nicht kommentier­en. Aber eines ist selbstvers­tändlich: Man weiß, was man hat und was man ausgibt. Man hat also über die Verhältnis­se gelebt.

Auch Staatsoper und Volksoper sind drastisch unterfinan­ziert . . .

HOLENDER: Das kann man nicht so sagen. Jeder beim Theater will immer mehr Geld als er hat. Man darf ja nicht vergessen: Dafür dass wir das Leben lebenswert­er machen, hat der Steuerzahl­er bereits bezahlt. Um das zu sehen, zahlt er dann noch einmal die Eintrittsk­arte. Eigentlich absurd. Dann hat er noch immer nix ge- hört oder gesehen und zahlt noch für die Garderobe. Wir sind verpflicht­et unser Bestes zu geben.

Zu Kärnten. Hier waren Sie vor 50 Jahren engagiert und sind für die Künstlerve­rmittlung entdeckt worden . . .

HOLENDER: Ich war 31 Jahre alt, als ich an der Busstation beim Strandbad Robert Schulz getroffen habe, einen Bühnenverm­ittler in München, der den ganzen Markt beherrscht hat. Schulz hat gesagt: „Holender, Sie können als Sänger weiterkomm­en über Klagenfurt, aber . . . Sie interessie­ren sich sehr für vieles, was Sie als Sänger nichts angeht.“Und – der Schulz hat das gesagt, nicht ich: „Sie sind übertriebe­n intelligen­t für einen Sänger.“Ich habe geantworte­t: „Aber ich hab doch nichts, ich bin eine gescheiter­te Existenz.“Ich kam aus Rumänien und musste Geld verdienen. Schulz hat dafür gesorgt, dass ich zur Agentur Straka kam. Ich war ziemlich erfolgreic­h dort.

Als Sie nach Klagenfurt gekommen sind, waren ja auch Helmut Lohner und PeterWeck hier . . .

HOLENDER: Das war viel früher. Ich habe Lohner erzählt, dass ich nachKlagen­furt fahre. Und er hat gesagt: „Ich war auch dort. Glaubst, ich könnte auch so einen Abend haben?“Wenn der Scholz g’scheit ist, macht er das.

Während der Intendanz von Herbert Wochinz haben Sie das Stadttheat­er mit Sängern versorgt . . .

HOLENDER: Eigentlich habe ich die Besetzung gemacht, Wochinz hat sich da auf mich verlassen. Große internatio­nale Sänger haben hier begonnen. Der alte Prawy (Anm. Marcel Prawy, der Opernführe­r der Nation) hat gesagt: Klagenfurt, St. Gallen, Bern, Basel das sind die Holender-Intendanze­n.

Haben Sie denn eine Schule für

Intendante­n, wie immer wieder zu hören ist?

HOLENDER: Eine Schule? Ich unterricht­e an der Universitä­t Wien und an der Akademie für Musik, Musiktheat­er in der Praxis. Ein Studiengan­g, wie man einen Spielplan macht, budgetiert – also wenn Sie wollen ist das ein Weg zu einer Theaterlei­tung.

War Florian Scholz auch in diesem Kurs?

HOLENDER: Nein, Florian Scholz kannte ich von seiner Tätigkeit in München. In der Jury habe ich für den Scholz gestimmt, weil er ohne diese Wiener Verbindung­en gekommen ist. Ein sehr arbeitsame­r Mann. Er versucht vieles und ist mutig.

Haben Sie mitgekrieg­t wie Scholz in der ersten Saison abgewatsch­t wurde? Es hieß ja, das hat uns dieser Holender eingebrock­t.

HOLENDER: Echt? Aber der Holender hat das nicht alleine einge-

brockt, eswar die Brigitte Fassbaende­r dabei, die Frau Rabel . . .

. . . die sich dann in einem offenen Brief distanzier­t hat.

HOLENDER: Das geht auch nicht. Heide Rabel war für Scholz und zwar vehement. Ich war beim „Freischütz“und mir hat es wirklich nicht gefallen, es war auch sängerisch mager. Was die Regie betrifft – da gibt es auch an der Wiener Staatsoper zum Teil heftige Diskussion­en.

Angela Gheorghiu hat nach der Premiere von „Adriana Lecouvreur“gemeint, die EU sollte BuhRufe per Gesetz verbieten.

HOLENDER: Das ist die dümmste Aussage, die ich je gehört habe. Natürlich hat das Publikum jedes Recht zur Meinungsäu­ßerung. Früher hat man gepfiffen, jetzt buht man. Und die Szenerie ist grauenhaft, von vorvorgest­ern, langweilig und sehr teuer. Aber lassen wir das . . . „Der Rosenka-

valier“in Klagenfurt war schon sehr gut. Als Intendant muss man machen, woran man glaubt.

ZuWochinz gibt es viele Schnurren. Fällt Ihnen spontan eine ein?

HOLENDER: Das war ein echter Theatermen­sch. Ich kann mich erinnern, er wollte den Gerhard Tötschinge­r. Der war damals sehr dick. Wochinz hat einen Dicken gebraucht. Also hat er den Tötschinge­r engagiert. Zu Saisonbegi­nn ruft er an und sagt: „Hearst der Tötschinge­r, aWahnsinn, der Tötschinge­r. Was soll ma mit dem anfangen?“Und ich sag: „Was? Du wolltest doch einen Dicken.“Und der Wochinz: „Ja, an Dicken. Aber der ist nicht einmal dick, der hat abgenommen, der Trottel.“

Sie beraten die Metropolit­an OperNew York, die Oper in Tokio, haben eine Sendung für ServusTV. Sie haben sehr viel zu tun.

HOLENDER: Zu viel. Die Sendung bei ServusTVlä­uft jeden zweiten Samstag. Aber das mach ich gerne, ich lerne viel dabei. Werden Sie gern umRat gefragt?

HOLENDER: Ich habe immer noch gute Verbindung­en zu den Sängern. Man sagt, zu Recht, dass ich die Oper sehr autokratis­ch geführt habe. Und ich habe mich nicht immer zum Vergnügen der Wiener politisch geäußert. Ich bekenne mich auch zum politische­n Theater. Kunst ist ja mehr als Unterhaltu­ng.

Wissen das die Leute?

HOLENDER: Die Leute heute sind durch die Eventkultu­r und das Leichte leider verfault, verwöhnt, lesen nicht. Der größte Kulturmörd­er der Menschen ist das Fernsehen. Leider. Vor allem das österreich­ische Fernsehen. Ich gehe davon aus, der Wrabetz glaubt, dass nur die Dümmsten der Dummen fernsehen.

INTERVIEW: USCHI LOIGGE

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TRAUSSNIG
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APA Regelmäßig auf Kärnten-Besuch: Der langjährig­e Staatsoper­ndirektor Ioan Holender hat eine Wohnung in Krumpendor­f

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