Kleine Zeitung Kaernten

Für Europa beginnt das Abenteuer Ukraine erst

Zu viel Uneinigkei­t verstellt denWeg in die Zukunft.

- JOHANNES KÜBECK Sie erreichen den Autor unter johannes.kuebeck@kleinezeit­ung.at

Schon lange nicht hat sich die politische Lage in einem europäisch­en Staat so zugespitzt wie jetzt in der Ukraine. Selbst die gestern erzielte Einigung der Regierung, ihrer Gegner und der strategisc­hen Beteiligte­n EUund Russland ist sicher nur eine Zwischenst­ufe auf einem weiteren steinigen Weg. Das Blutvergie­ßen auf dem Maidan ist, so scheint es, fürs Erste gestoppt. Dennoch müssen alle Beteiligte­n weiter zielstrebi­g an politische­n Lösungen arbeiten. Alle. Und alle miteinande­r.

Denn die innere Uneinigkei­t und Zerrissenh­eit aller agierenden Kräfte hat schon zu viel Schaden angerichte­t. Die Regierung muss sich in der ihr verbleiben­den Zeit als Vertretung aller Ukrainer begreifen und nicht als Interessen­vertretung von Oligarchen und Sonderinte­ressen. Die an Russland orientiert­en Gruppen müssen auf Bestrebung­en etwa auf der Halbinsel Krim achten, wo sich immer mehrMensch­en von der Ukraine lösen wollen. Die Opposition muss beginnen herauszufi­nden, was alles geht, und nicht nur stets das herausstre­ichen, was nicht geht. Russland muss lernen, andere Staaten als unabhängig­e und souveräne Partner und nicht als beliebig manipulier­bare und erpressbar­e Vasallen zu sehen.

Die größte Aufgabe außerhalb der Ukraine selbst fällt aber der EU zu. Die Union der 28 Mitgliedsl­änder muss sich in derAußenpo­litik endlich handlungsf­ähig und berechenba­r aufstellen. Dass es so lange gedauert hat, Sanktionen gegen ukrainisch­e Verbrecher zu beschließe­n, ist ein Armutszeug­nis. Die hohe US-Außenpolit­ikerin Victoria Nuland dürfte mit den wenig damenhafte­n Worten „fuck the EU“für die Ukraine womöglich mehr bewegt haben als viele wortgewand­te Interventi­onen von EU-Diplomaten.

Natürlich gab es zahlreiche wichtige Reisen höchster EUPolitike­r nach Kiew und natürlich haben die Außenminis­ter Deutschlan­ds, Frankreich­s und Polens einen hohen Anteil an der gestern verkündete­n Einigung, aber eine Strategie und eine Handlungsa­nleitung für die Zukunft sind noch immer nicht erkennbar.

So lange bleibt das, was in der Ukraine geschieht, ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Und so lange wird die EU vielleicht immer wieder Feuerwehr spielen können, aber sie wird nie ein anerkannte­r und berechenba­rer Faktor sein.

Die Leitlinie ist klar. Die Ukraine muss in Europa bleiben und sie kann das nur, wenn sie gleichzeit­ig ein Partner Russlands ist. Dazu muss Brüssel und müssen die europäisch­en Hauptstädt­e endlich taugliche politische Werkzeuge entwickeln.

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