Kleine Zeitung Kaernten

„Ich dachte, ich muss sterben“

Nach Lawinenabg­ang im Gailtal erzähltWie­ner Arzt (60), wie er 75 Minuten unter den Schneemass­en überlebte.

- PETER KIMESWENGE­R

Ich habe wohl die Armee von Schutzenge­ln für dieses Leben verbraucht.“Mit Tiefgang und Demut sinniert der Arzt Hans S. (60) ausWien in einem Krankenzim­mer auf der Unfallchir­urgie des Klinikums Klagenfurt über das Geschehene. Wie berichtet, war der Mediziner, der seit Jahren einen Zweitwohns­itz imGailtal hat, Donnerstag­nachmittag im Bereich der Mautneralm auf Skitour. Sein Freund, ein Pensionist (69) aus der Steiermark, begleitete ihn. Die Alm und die „Enzianhütt­e“sind dem Wiener bestens bekannt. „Wir waren dort schon sehr oft unterwegs.“

Der hohe Schnee veranlasst­e die beiden Männer zur Umkehr. „Wir haben die Skier abgeschnal­lt und gerade die Felle abgezogen, als sich plötzlich mit einem lauten Grollen riesige Schneemass­en ober uns aus dem Hang lösten, auf uns zukamen und uns mitrissen“, so Hans S.

Während sich der teilweise verschütte­te Steirer selbst aus der Lawine ausgraben konnte, fehlte von Hans S. vorerst jede Spur. „In der Lawine habe ich meine Unterarme vor das Gesicht gehalten und die Hände fest an den Kopf gepresst. Damit entstand eine Atemhöhle. Das hat mich gerettet“, sagt S.

Etwa 75 Minuten hat es gedauert, bis der Arzt von Bergrettun­gsmännern ausgegrabe­n werden konnte. Labradorhü­ndin „Akira“mit ihrem Führer Kurt Kirstler (23) hatte den verschütte­ten in eineinhalb Meter Tiefe gewittert und aufgestöbe­rt. In der Zeit desWartens hat Hans S. „einbetonie­rt“in Tonnen von Schnee der Nässe und Kälte getrotzt. Seine Gedanken? „Alles und nichts. Das gesamte Leben läuft wie ein Film vor den Augen ab. Ich war überzeugt, dass ich sterben muss. Ich habe nur noch auf die Bewusstlos­igkeit als Vorbotin des Todes gewartet.“

Dann das Wunder: Der erste Mensch, den Hans S. in dieAugen blickte, war ÖAMTC-Flugrettun­gsärztin KarinWeich­hart, Anästhesis­tin im Bezirkskra­nkenhaus Lienz. „Sie hat mich gefragt, wie ich heiße. Dann habe ich noch die Bergung und das Einladen in den RK1-Rettungshu­bschrauber mitbekomme­n. Von da an weiß ich nichts mehr“, sagt S. Nach einer Nacht auf der Intensivst­ation im Klinikum Klagenfurt wachte er gestern früh auf. Zum zweiten Mal geboren. „Ich bin allen Rettern so unendlich dankbar. Für Hündin Akira gibt es eine dicke Belohnung.“

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ÖAMTC, KLZ/ KIMESWENGE­R Die Rettungske­tte hat nachdem Lawinenabg­ang perfekt funktionie­rt

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