SCHNEYDER
Werner Schneyders Monats-Revue über dieWeigerung der österreichischen Banken, zur Hypo-Rettung beizutragen
Ein gescheiter und zudem noch begüterter Mann hat mir einmal erklärt, es sei widersinnig von einer Staatspleite zu reden, wenn die Summe des Vermögens, des Geldvermögens der Besitzenden, die Schulden desStaates beiWeitem übersteigt. Das leuchtete mir ein. Ich gab nur zu bedenken, dieser schöne Gedanke degenerierte zur Milchmädchenrechnung, würden sich die Reichen nicht als Bürger des Staates, sondern als Staat imStaate begreifen.
Meine Sorgewar begründet, wie das Verhalten der österreichischen Banken beweist. Wir haben die Finanzkatastrophe der Hypo-AlpeAdria-Bank. Einer (zunächst) österreichischen Bank, bis sie ein schon zu Zeiten der Bankgründung nicht mehr ganz zurechnungsfähiger Landeslenker an das deutsche Ausland verhökerte und den historischen Satz sprach: „Kärnten ist reich!“Diese Geschichte zu wiederholen ist – ich weiß – müßig. Die einen kennen sie bis zum Erbrechen. Die anderenwerden sie nie zur Kenntnis nehmen. Die haben kein Brettl vor dem Kopf, sondern einen Betonwall. Genug davon. W ir, die Ahnungslosen, weil in der Schule mit der Geldwirtschaft nicht einmal in der großen Pause Beschäftigten, lasen täglich in der Zeitung, es gäbe mehrere katastrophale und etwas weniger katastrophale Abwicklungsszenarien. Eine, etwas weniger katastrophale, hätte eine Beteiligung der (wieder) gesunden großen österreichischen Banken bedeutet. Auf der Basis des „good will“(zu Deutsch, des gutenWillens).
Grund für diesen gutenWillen wäre eine staatsbürgerliche Gesinnung gewesen, eine innerösterreichische Solidarität. Und was lasen wirdannstaunend? DieBanken– sobeschreibt es die Umgangssprache ganz genau – putzen sich ab. Siewollen mit der Sache nichts zu tun haben, sie sind unzuständig, nicht verantwortlich und im Grunde international, um nicht zu sagen, global, aber auf keinen Fall österreichisch.
Jetzt haben wir aber einen Staat. Dieser hat
Die Banken, so beschreibt es die Umgangssprache ganz genau, putzen sich ab. Sie wollen mit der Sache nichts zu
haben.“tun
(angeblich) eine Regierung. Diese Regierung hat (zum Glück und mit unser fast aller Einverständnis) kein Recht, die Banken zu etwas zu zwingen.
Aber sie könnte zwei Dinge tun. Erstens laut und deutlich sagen, was sie von diesenHerren und deren Gesinnung hält. Zweitens alle Chancen wahrnehmen, sich durch Restriktionen, Steuern und dergleichen an den Banken zu rächen.
Nichtsgeschieht. EineRegierungnimmthin, dass ihre Steuerzahler vor fünf Jahren die Banken reihenweise gerettet haben und die nicht gewillt waren, jetzt die Verstaatlichte, also den Steuerzahlern gehörende Hypo Bank, aus dem Dreck zu ziehen. Nicht einmal mit einer Spende. Wer soll die neue Rechte aufhalten? D azu möchte ich einen in dieser Zeitung abgedruckten Gedanken eines von mir immer mit größtem Interesse gelesenen Gastkommentators erwähnen. Er besagte, alles an Haider „sei nicht schlecht gewesen“. Wer hat das behauptet? Und wenn, dann war er ein Einfaltspinsel. Denn „alles“ist nie schlecht. (Wie naturgemäß auch nie alles gut ist).
Ich erinnere mich, wie man mir erklärt hat, was die Italiener dem Mussolini alles „verdankten“. Dass Hitler immerhin die Autobahn gebaut hat, zählt zum Bildungsgut. Dass er Kinder liebend war, ist auch nicht unbekannt. Immerhinwollte er die geliebten Kinder noch am Endsieg teilnehmen lassen. Stalin hat nicht nur dasWodkasaufen nicht beschränkt, er hat es sogar forciert und damit die russischen Männer sehr glücklich gemacht. (Dass er es wegen der Steuereinnahmen tat, muss man ja nicht dazusagen).
Damit wollte ich keine Sekunde die durch und durch auch tragische Figur des Mannes, der, nur um geliebt zu werden, für alles und jeden Garantien zu übernehmen bereit war, mit den oben erwähnten Diktatoren vergleichen. Ichmöchte nur anmerken, dass der Satz „Wehret den Anfängen!“zu ergänzen ist durch „Wehret den Relativierungen!“Die sind zu leicht zu missbrauchen, wenn sie in die falschen Hirne kommen. J etzt wünschen wir den Indern, dass sie die Armut der Bank besser in den Griff bekommen als die im eigenen Land.
Schlusssatz: Geld ist immer sicher. Bleibt nur die Frage: für wen?