„Der kollektiveWahn ZUR PERSON
Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske über das heutige Gesicht der Arbeit und den Schlagabtausch mit dem Nobelwirt Plachutta.
Sgeboren am 22. ne Vollzeitjobs mehr. Heute arbeiten schon 900.000 Unselbstständige in Teilzeitjobs. Tendenz steigend.
Gehen Sie davon Teilzeit schlecht ist?
Man muss sie sich leisten können. Wenn es keineAlternativen gibt, weil aus Kostengründen nur Teilzeit- oder andere atypische Jobs angeboten werden, produzieren wir die Armut der Zukunft und bringen die sozialen Sicherungssysteme noch weiter an ihre Leistungsgrenze.
Die Schweizer konnten kürzlich abstimmen, ob sie sechsWochen Urlaub wollen, und haben abgelehnt. Verstehen Sie das?
Da gibt es zwischen Jungen und Älteren unterschiedliche Sichtweisen, die einen wollen eher mehrGeld, die anderen mehr Zeit. Wenn wir drei Milliarden für psychische Erkrankungen ausgeben, tun wir doch lieber mehr für die Prävention. Die Arbeit hat sich imVergleich zu vor 30 oder 40 Jahren enorm verdichtet. Wir müssen ständig verfügbar sein, daher braucht es auch mehr Erholungsphasen.
Weinen wir nicht dem Vierteltelefon nach. Wollen die meisten nicht die Segnungen derTechnik? Geht es nicht vielmehr umSelbstausbeutung, nicht Abschalten?
Das ist heute mehr als früher gegeben. Nur darf man den kollektivenWahnsinn nicht zurNorm machen und ihn nicht in sich selbst weitertreiben. War Arbeit früher befriedigender als heute?
Viele fühlen sich austauschbar, in ie haben gerade demWiener Nobelwirt Mario Plachutta eingeschenkt, weil der einen Mitarbeiter entlassen hatte, der sich seine mitgebrachten Erdbeeren mit etwas Staubzucker aus dem Warenlager versüßte. Das Gericht sah darin kein Vergehen. Der Plachutta ist schon länger ein rotes Tuch für Sie, oder?
Im Gastgewerbe gibt es leider viele, die denken wie vor einem Jahrhundert.
Meinen Sie damit, dass in der Branche Ausbeutung die Regel ist? Darf man sich das mit enormem Druck erklären?
Die Unternehmen, an die ich denke, denen geht es wirtschaftlich gut, sehr gut sogar.
Nutzen die ihre Prominenz aus? Es ist jawas, Plachutta oder Do& Co imLebenslauf zu haben.
Offenbar glauben diese, Mindestlöhne zahlen und maximalen Gewinn machen zu können. Viele behandeln ihre Leute so, dass ich nicht wissen möchte, wie die Fluktuation bei diesen Unternehmen aussieht.
Fälle wie dieser sind aber keine typischen Beispiele, die das neue Gesicht von Arbeit zeigen.
Grundsätzlich ist die Gastronomie und Hotellerie eine Branche mit besonderen Rahmenbedingungen. Hinter der Tendenz, das Rad der Zeit zurückdrehen zu wollen, bei Arbeitszeiten, Löhnen und der Beschäftigung Älterer, sehe ich aber sehr wohl System. Man will Arbeitszeitverlängerungen bei niedrigeren finanziellen Standards, obwohl Österreich in Europa zu den wettbewerbsfähigsten Ländern zählt.
Europa allein ist vielleicht
RUDOLF KASKE:
KASKE:
nicht weit genug gedacht. Ihre politischen Gegner würden eher sagen, dass man bei dem globalen Entwicklungstempo nicht unters Rad kommen will.
Viele Unternehmen sind weltweit toll aufgestellt.
Viele Unternehmen fordern niedrigere Lohnnebenkosten und drohen sogar mit Abwanderung.
Das permanente Krankreden des Standorts nervt mich langsam. Und zum Thema Lohnnebenkosten werden gerne viele Sonntagsreden gehalten. Ich bin lieber konkret. Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zahlen derzeit 0,5 Prozent der Lohnsumme für die Wohnbauförderung, das sind je 450 Millionen Euro. Leider nicht zweckgebunden. Wenn die Zweckbindung nicht rasch wieder eingeführt wird, brauchen wir diese Beiträge nicht länger einheben. Was mit uns sicher nicht geht, ist eine stärkere Besteuerung des 13. und 14. Gehalts. Im Gegenteil: Wir brauchen eine Steuerreform.
Die wollen alle, nur keiner bewegt sich. Zurück zur Arbeit: Wo wird der Konflikt zwischen Besitzenden, Besitzstandswahrern und den Jungen hinführen?
Fakt ist, dass die unbefristete Vollzeitbeschäftigung seit 2008 von 74 auf 68 Prozent gesunken ist. In Branchen wie dem Handel oder den Reinigungsfirmen finden Sie heute kei-
KASKE:
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