Vor Mai-Aufmarsch
Sperrgitter, Panzerwagen, 50 Wasserwerfer und 40.000 Polizisten wurden abgestellt, um die angekündigten Demos im Keim zu ersticken. Sicherheitskräfte aus sieben Provinzenwurden herangekarrt, darunter Einsatzkräfte aus Erzurum, denen der Ruf vorauseilt, nicht gerade zimperlich mit Demonstranten umzugehen. Sie proben seit einerWoche die Einsatztauglichkeit ihrer Wasserwerfer und Beamten auf einem Truppenübungsplatz.
LinkeGewerkschaften, Zivilorganisationen und Oppositionsparteien halten trotz der „Kriegserklärung“von Regierungschef Erdogan˘ daran fest, den geschichtsträchtigen Istanbuler Taksim-Platz als Aufmarschplatz zu nutzen. Am 1. Mai 1977 waren 34 Menschen bei Zusammenstößen auf diesem Platz ums Leben gekommen. Es gab HunderteVerletzte. Unbekannte hatten damals in die Menge gefeuert. Der Platz blieb daraufhin 32 Jahre, bis ins Jahr 2010, für Mai-Aufmärsche gesperrt. Nur drei Jahre hielt der Frieden. Aber am 1. Mai 2013 gab es wieder blutige Zusammenstöße auf dem Platz – und einenMonat später die Gezi-Park-Unruhen, die auf das ganze Land übergriffen und acht Tote forderten.
Gegen EU- Beitritt der Türkei
Aber Premier Erdogan˘ will hart bleiben – wie er dies auch bei seiner jüngsten diplomatischen Konfrontation mit Deutschland tat. DieKritik des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck an seiner Politik wies er nicht nur harsch zurück (sieheKommentar rechts). Er drohte auch mit einer Gegenkritik bei seinem bevorstehenden Auftritt vor Deutschtürken in Köln.
Das wiederum rief gestern deutsche Politiker auf den Plan, die nun fordern, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu stoppen. So forderte der FDPSpitzenkandidat bei den Europawahlen, Alexander Graf Lambsdorff, die EU sollte die Beitrittsverhandlungen aussetzen und sich nicht länger auf einen Beitrittsprozess konzentrieren.
Und Markus Ferber, CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl, sagte, man solle berücksichtigen, dass auch andere wichtige EULänder wie Frankreich, die Niederlande oder Österreich nicht mehr für einen Vollbeitritt der Türkei zur EU wären.