Mit der Gewalt
die Lage daheim. Bei seinem Auftritt vor der Presse lässt sich kaum übersehen, wie ihn die eskalierenden Krisen mitnehmen.
Es gehtumdas Erbe seiner Präsidentschaft, die er 2008 mit zwei zentralen Versprechen gewann: den Krieg im Irak zu beenden und die Nation zu versöhnen. Beides steht mehr denn je infrage. Die schwerenUnruhen in Ferguson nach dem Tod des Teenagers Michael Brown lassen ein „farbenblindes“Amerika als Illusion erscheinen.
Der Einsatz der Nationalgarde weckt Erinnerungen an dieUnruhen vonNewark und Detroit 1967 und 1992 in Los Angeles. „Ich werde genau beobachten, ob das hilft“, zeigte sich der Präsident skeptisch über die Entscheidung, Soldaten in der Kleinstadt mit 21.000 Einwohnern aufmarschieren zu lassen. Obama vermeidet peinlichst, bei den Ermittlungen zum ungeklärten Tod des 18-jährigen unbewaffneten Teenagers, der von einem weißen Polizisten aus einiger Distanz erschossen worden ist, Partei zu ergreifen.
Graben an Misstrauen
Eine „nicht provozierte Hinrichtung“, wie die Anwälte der Angehörigen Browns und viele der Demonstranten glauben, „Notwehr“, wie Freunde des Beamten suggerieren. Obama verurteilt Plünderungen und Gewalt, mahnt erneut zur Besonnenheit und betont das Recht der Einwohner auf friedlichen Protest. Er erklärt aber auch, dass „in zu vielen Gemeinden ein Graben an Misstrauen zwischen den Einwohnern und der Polizei“bestehe, und es zu viele junge Schwarze gebe, „die nur als Objekte der Angst gesehen werden“.
„Seine Taten sprechen Bände“, verteidigt der Chef der größten schwarzen Bürgerrechtsbewegung NAACP-Chef Cornell Brooks Obamas Kurs, den viele als lasch bewerten. Er ist voll des Lobes über dessen Entscheidung, die US-Regierung die Ermittlungen in Ferguson übernehmen zu lassen. Zuletzt wollte sich auch der schwarze Justizminister Eric Holder selbst an Ort und Stelle ein Bild machen. „Dass dieRegierung der Brown-Familie hilft, Gerechtigkeit zu finden, ist eine Riesensache“, sagt Brooks.
Ob es die Gemüter beruhigen kann, bleibt eine offene Frage, in der Nacht auf Mittwoch gab es Dutzende Festnahmen. Und erneut wurde im Umkreis von Ferguson ein Schwarzer erschossen.
Der 23-Jährige habe die Beamten mit einem Messer bedroht, erklärte die Polizei. DerVerdächtige habe sich unberechenbar verhalten und die Polizisten aufgefordert, ihn zu erschießen. Auch diese Umstände werden noch untersucht. Gute Nachrichten sind selten geworden für einen Präsidenten, der in seiner zweiten Amtszeit von Krisen getrieben wird.