Fruchtbarer BodenfürSaat desHasses
Dschihadisten rekrutieren in Österreich immer erfolgreicher Kämpfer, warnt der Verfassungsschutz. Vier der neun festgenommenen Tschetschenen jetzt in U-Haft.
GÜNTER PILCH
Dringender Tatverdacht, Gefahr der Flucht, Verdunkelung und neuerlicher Tatbegehung: Mit der ganzen Bandbreite rechtlicher Begründungsmöglichkeiten untermauert die Wiener Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Untersuchungshaft für jene mutmaßlichen Dschihadisten, die am Mittwoch in Österreich festgenommen worden sind. Wie berichtet, stehen die neun Tschetschenen, die als anerkannte Flüchtlinge in Wien lebten, unter Verdacht, als Dschihadisten an den Kämpfen in Syrien teilnehmen zu wollen. Sie wurden vor ihrer Ausreise an den Grenzübergängen in Nickelsdorf und Arnoldstein gefasst.
Über vierVerdächtige hat das Wiener Landesgericht die UHaft verhängt. Bei den anderen soll die Entscheidung heute fallen. Nicht bestätigen wollte die Staatsanwaltschaft die Verhaftung eines Österreichers, der dieReise derTschetschenen organisiert haben soll. Sprecherin Nina Bussek räumte allerdings ein, dass neben den neun Tschetschenen eine weitere Person festgenommen wurde. Einer der Tschetschenen soll wegen seiner Minderjährigkeit – er ist 17 Jahre alt – wieder auf freiem Fuß sein; die U-Haft wurde allerdings für neun Personen beantragt, also anscheinend auch für den Österreicher. Mit der Verhängung der Untersuchungshaft wäre auch die Bedingung erfüllt, unter der Innenministerin Johanna MiklLeitner (ÖVP) gegen die Betroffenen ein Asyl-Aberkennungsverfahren einleiten kann.
Für Österreich wäre das nicht der erste derartige Fall. Tatsächlich sollen sich derzeit 60 bis 100 Personen aus Österreich in Syrien aufhalten, um an den Kämpfen teilzunehmen. Zuletzt machten in Wien zwei Mädchen mit bosnischen Wurzeln Schlagzeilen, die sich über die Türkei nach Syrien aufgemacht haben sollen.
Große Gefährdung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung betrachtet diese Entwicklung mit wachsender Sorge. So würden im Bundesgebiet systematisch Bemühungen unternommen, „um Personen zu radikalisieren und für den Krieg in Syrien zu rekrutieren“, heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Beobachtet wird das Phänomen der hierzulande angeworbenen Dschihad-Krieger von den Verfassungsschützern bereits seit Be- ginn des Arabischen Frühlings. Doch mit dem Konflikt in Syrien habe diese Praxis seit 2013 „eine bislang unerreichte Dimension“erlangt. Die Antiterror-Experten orten ein „großes Gefährdungspotenzial“für Europa und das Bundesgebiet.
Erfolgreich angeworben werden in erster Linie Menschen aus der Kaukasusregion mit gültigem Aufenthaltstitel für Österreich, aber auch österreichische Staatsbürger, deren Familien aus Südosteuropa und der Westbalkan-Region stammen. Syrien sei laut den Verfassungsschützern als Ziel attraktiv, weil es einerseits in denMedien präsent und andererseits auf dem Landweg einfach zu erreichen ist. Zwischenstation ist oft Bosnien-Herzegowina, wo radikale Imame in abgeschotteten Dörfern die ideologische Indoktrinierung verfeinern.
Der Rekrutierungsprozess geschehe sowohl durch soziale