Ruhe nachdem Sturm in Ferguson
Nicht nur die Menschen, die Stadt selbst wirkt nach den Krawallwochen ausgelaugt.
Gut eine Woche lang zeigte sich eine Kleinstadt in Missouri als Krawallhauptstadt der USA. Nun herrscht vorerst Ruhe in Ferguson. Was bleibt, sind kaputte Fenster, eine Tankstelle namens „Ground Zero“und viele offene Fragen.
Es dürfte noch Wochen dauern, bis Herc Haris wieder eine saftige Portion Barbecue-Rippchen über den Schanktisch schiebt. Das Restaurant „Red’s BBQ“liegt im Herzen der Protestmeile von Ferguson, und solange Haris die zerbrochenen Fensterscheiben nicht auswechselt, darf er auch die Holzplanken darüber nicht abnehmen. Langsammuss er das Chaos aufräumen, das Randalierer hier hinterlassen haben. „Wir kommen zurück!“, verspricht der Laden den Hungrigen draußen in roten Buchstaben.
Nach einer ruhigenNacht mit nur sechs Festnahmen, in der ein kurzes Gewitter die ohnehin friedlichen Demonstranten früh nach Hause schickte, wirkt Ferguson erschöpft. Gut eineinhalb Wochen nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf den 18-jährigen unbewaffneten Schwarzen Michael Brown wollen Ladenbesitzer zur Normalität zurück.
„Jetzt geöffnet“steht an der Tür einer Fleischhauerei. Darunter: „Unsere Gebete gelten der Familie von Michael Brown“. Für einkommensschwache Familien macht jeder Tag, an dem ihr Betrieb nicht
FERGUSON.
läuft, das Warten auf das Monatsende lang.
Dank derKundschaft zur Mittagszeit waren für „Red’s BBQ“täglich 2500 Dollar drin. Das war, bevor rund 20 Menschen hier randalierten: Sie schlugen Scheiben ein, steckten den Laden in Brand. Haris hofft auf Geld von der Stadt oder vom Bundesstaat Missouri, um sein Lokal wieder auf Vordermann zu bringen. Brown, in dessen Namen der Laden demoliert wurde, ging hier selbst mehrmals dieWoche essen, sagtKellner Sean Wilson. „Er bestellte immer dasselbe: sechs Chicken Wings, Pommes und Limo.“
Die Tankstelle, die immer wieder geplündert und in Brand gesteckt wurde, nennen nun einige „Ground Zero“, in Anspielung auf den Ort der New Yorker Anschläge von 9/ 11. Jetzt versperrt Maschendraht den Weg zur Zapfsäule. Davor sitzt Blake mit seiner Gitarre, er ist mehr als 500 Kilometer aus Iowa angereist. „Es ist nur ein Albtraum“, singt er, „es ist nur ein Traum.“
Was bleibt, wenn in ein paar Tagenwohl auch die letzten Kamerateams abziehen? „Nicht viel“, glaubt Thomas Hunt, der seit mehr als zehn Jahren mit seinem Eiswagen durch Ferguson tourt. „Die Immobilienpreise sind schon tief, aber nach dieser Sache werden sie ins Nichts schrumpfen“, sagt er. In vier bis fünf Jahrenwerde es düster aussehen in dieser Gegend.