Für den großen Glanz fehlt der Meistertitel
Inmitten des Stadtviertels Plainpalais, kurz vor dem Genfer Eisstadion Les Vernets, schleust eine Tafel die ankommenden Autos auf einen großen Parkplatz. Der Name ist hier anscheinend Programm. „Parking Rolex“steht in unverkennbaren goldenen Lettern auf grünem Hintergrund. Einer der exklusivsten Klubs ist hier beheimatet, nur wenige Autominuten von den teuersten Adressen des Genfer Sees entfernt: der Geneve-Servette Hockey Club (GSHC). Trotz der frappierenden Namensähnlichkeit hat der Eishockey-Klub keinen gemeinsamen Hintergrund mit dem Fußballverein.
Weit weniger Nobel ist jedoch das Eishockey-Stadion selbst. Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde die Beton-StahlKonstruktion aus dem Boden gestampft. Zweckgewidmet war sie ursprünglich als Messehalle. Jetzt ist der ortsansässige Eishockeyhier beheimatet. Gleich daneben steht ein Schwimmbad, das denselben Namen trägt: Les Vernets. Seit Jahren wird auch hier über einen Um- bzw. Neubau der Halle nachgedacht.
Dahilft auch ein stattliches Jahresetat von rund 20 Millionen Schweizer Franken (ca. 16,5 Millionen Euro) nichts. „Es spießt sich an der Kommunalpolitik“, erklärt Bertrand, Chef eines Pubs nurwenige Gehminuten entfernt. An seiner Wänden hängen viele Trikots unterschiedlicher Teams und Nationen. Er fügt empört hinzu: „Hauptsache für den Fußball ist immer genug Geld übrig.“Fairerweise ist festzuhalten, dass, im Gegensatz zu den Kickern, es die Eishockey-Cracks noch nie schafften, einen Meistertitel in der höchsten nationalen Spielklasse zu erobern. ommendes Jahr feiert der GSHC sein 110-jähriges-Jubiläum. Sich just zu diesem Zeitpunkt dieMeisterkrone aufzusetzen, wäre wohl ein Traum. Allzu realistisch scheint er allerdings nicht. Zu viele Abgänge musste der Sieger des renommierten Spengler Cups 2013 verkraften. „Sie haben Top-Spieler wie Matthew Lombardi oder Cody Almond verloren. Momentan ist Genf sicher kein Top-Favorit für
KdenMeistertitel“, erklärt Spielermanager Patrick Pilloni, der vor zwei Jahren mit seinem Sohn Yannic nach Bern übersiedelt ist. Er stuft aber, wie Ex-KAC-Spieler Raphael Herburger, die Genfer als höchst unangenehmen Gegner ein: „Sie spielen sehr hart und unheimlich körperbetont.“ür dieses Spielsystem zeichnet sich vor allem Chris McSorley verantwortlich. Der Bruder des legendären Ex-NHL-Spielers Marty McSorley ist bei Servette Mitbesitzer, Manager und Trainer in Personalunion. Er setzt auf hünenhafte Spieler. „In Genf wird altes kanadisches Eishockey gespielt. Sie knallen den Puck tief in die gegnerische Zone undwalzen auf dem Weg dorthin alles nieder“, sagt Herburger schmunzelnd. Es gebe beliebtere Klubs als Servette. „In den letzten Jahren sind sie in der Strafenstatistik immer ganz weit vorne angesiedelt gewesen“, erzählt derVorarlberger, der seine zweite Saison für Biel bestreiten wird. Nach den vielen Abgängen hat McSorley bei Genf entsprechend nachgeladen. Mit den Geschwistern Tom und Taylor Pyatt, Matt D’Agostini sowie Paul Ranger holten die Schweizer vier Spieler, die vergangenes Jahr noch in der NHL gespielt hatten. Insgesamt steht dem VSV heute somit ein Team mit der Erfahrung von 1818 NHL-Spielen gegenüber.
MARTIN QUENDLER, GENF
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