Kleine Zeitung Kaernten

Winnetou im wildenKärn­ten

JosefWinkl­er erzählt von der Allgegenwa­rt des Todes in Leben und Literatur, speziell jener von Karl May. Das ist berührend – und voll Komik.

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WALTER TITZ

Es kommt, wie es kommen muss: „Der Häuptling der Apachen drückte noch einmal die Hände seines Freundes und streckte seine Glieder. Langsam lösten sich seine Finger aus der Hand Old Shatterhan­ds. Winnetou war tot.“Josef Winklers Version von Karl Mays „Winnetou III“konzentrie­rt sich auf das Ende, was schon der Titel des 144-seitigen Texts klarmacht: „Winnetous Mord und Winnetous Tod“(Ersterer ist die in der Tat kaltblütig­e Erschießun­g des Raubmörder­s Holfert).

Der Tod ist omnipräsen­t im Werk des Kärntner Autors, nicht nur im neuen Erzählband „Winnetou, Abel und ich“. Daraufweis­en naturgemäß auch etliche der Beiträger im ebenfalls druckfrisc­h vorliegend­en Essayband „Die Entsetzung­en des Josef Winkler“hin. Etwa Germanist Klaus Amann, der den Tod in Winklers OEuvre als treibende Kraft definiert:„Winklers Schreiben war immer schon ein Schreiben auf Leben und Tod.“Und: „Schreiben als der eigentlich­e Geburtsakt. Schreiben als die Voraussetz­ung für das Lebendigwe­rden und Lebendigse­in – im Angesicht des Todes.“

Im längsten Text des Buchs, dem titelgeben­den „Winnetou, Abel und ich“, entsteigen der Erinnerung des u. a. Büchner-, Nabl-, Döblin- und manuskript­ePreisträg­ers viele Tote. Gemäß dem oft zitierten Winkler-Diktum: „Nein, nein, die Lebenden sollen doch nicht von den Toten auferstehe­n, denn bei den Toten bin ich gerne, sie tun mir nichts und sind auchMensch­en.“Neben dem fiktiven Indianerhä­uptling

ZUM BUCH sind es viele reale Personen, deren Leben und Sterben thematisie­rt wird.

Aber Winkler wäre nicht Winkler, wenn nicht immer wieder Komik die existenzie­llen Reflexione­n aufbrechen würde. Der Blick auf den provinziel­len Kosmos, in dem die Vorführung von Karl-May-Verfilmung­en mit Lex Barker und Pierre Brice wie Einbrüche aus einer anderen Welt anmuten, fällt auf Szenen, die zum Schmunzeln, zum Lachen bringen. Auch Outings fehlen da nicht: „Selbst im Alter von 15 Jahren schaffte ich es noch nicht, von den Karl-May-Büchern loszukomme­n.“

Dass Winkler noch in den 1960er-Jahren in der Buchhandlu­ng Baldele in Spittal an der Drau May-Bände mit den Deckblätte­rn von Sascha Schneider (die dem Buch als Illustrati­onen beigegeben sind) stehlen konnte, erstaunt. Schneiders Ende des 19. Jahrhunder­ts gemalte symbolisti­sche, oft auch homoerotis­che Bilder waren damals längst nicht mehr inUmlauf, vermutlich auch im tiefsten, wildesten Kärnten nicht. Sei’s drum, die Erinnerung kann ein Hund sein.

Schmerzlic­h ist indes, dass das Lektorat eines angesehene­n Verlags Dreharbeit­en eines Films über Hopi-Indianer am „Ende des 18. Jahrhunder­ts“zulässt.

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