Kleine Zeitung Kaernten

Alternativ­er Weltmusik-Kitsch in der Stiftskirc­he

Renaissanc­e traf Jazz in der Stiftskirc­he Ossiach.

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Die Idee, alte harmonisch­e Satzmodell­e der Renaissanc­e wie die Folia oder die Passacagli­a mit neuen Stilformen des Jazz zu verbinden, klingt überaus reizvoll. Gewohnte Strukturen aufzubrech­en und jenseits von Genre und Tradition der Improvisat­ion freien Lauf zu lassen, ist ein Traum, der Musiker über alle Grenzen hinaus zu verbinden vermag. Was uns Jazzer Michel Godard unter demTitel „Folias de España“am Donnerstag im Rahmen der Alternativ-Schiene des Carinthisc­hen Sommers präsentier­te, war aber nicht mehr als ein Kompromiss.

Hier wurde Freiheit mit Beliebigke­it verwechsel­t. Dem Abend in der Ossiacher Stiftskirc­he fehlte jede Dramaturgi­e, improvisie­rte Teile der ausgezeich­neten Einzelmusi­ker (Godard auf der Tuba und ihrem Vorläufer, dem Serpent, sowie Lucas Niggli am Schlagzeug) standen unvermitte­lt neben durchkompo­nierten Arrangemen­ts, die aber im Zusammensp­iel zwangsläuf­ig im Sande verliefen. Auch war hie und da ein fasziniere­ndes Orgelsolo (exzellent: Elisabeth Geiger) zu hören. Mit gelungener Improvisat­ion, welche äußerste Freiheit mit künstleris­cher Notwendigk­eit zu verbinden sucht, hatte das Ganze jedoch rein gar nichts zu tun. Katharina Bäuml an der Schalmei merkte man die Herkunft aus der Klassik am stärksten an, so schematisc­h, wie sie sich an ihre Tonfolgen klammerte.

Fazit des carinthisc­hen Abends: Was eine Erforschun­g gemeinsame­n Improvisat­ionspotenz­ials zwischen Alter Musik und Jazz hätte werden sollen, erwies sich als Anbiederun­g an den üblichen Weltmusik-Kitsch. Schade.

PHILIP WALDNER

OSSIACH.

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