Dschihadisten lassen Gegner kreuzigen
50.000 IS-Terroristen in Irak und in Syrien. USA sprechen von einer „apokalyptischen Gefahr“.
Die Botschaft aus dem Pentagon ist ungeschminkt: Um die Brigaden des „Islamischen Staates“(IS) zu bekämpfen und eine Kernschmelze der arabischen Staatenwelt zu verhindern, sind wesentlich intensivere internationale Militäraktionen nötig – auch in Syrien. Die ISGotteskrieger sind „jenseits von allem, was wir bisher gesehen haben“, erklärten Verteidigungsminister Chuck Hagel und Generalstabschef Martin E. Dempsey.
„Sie verknüpfen Ideologie mit ausgefeilten strategischen und taktischen Fähigkeiten. Sie sind finanziell unglaublich gut ausgestattet.“Um dieser Langzeitgefahr zu kontern, müssten „alle Instrumente nationaler Macht – diplomatische, wirtschaftliche, ge-
WASHINGTON, BAGDAD.
und militärische – eingesetzt werden“, erklärten die beiden Chefmilitärs, wobei sie offenließen, ob damit auch Bodentruppen gemeint sind.
Mit dieser Pressekonferenz haben die USA erstmals neue Maßstäbe abgesteckt – für die „apokalyptische“Gefahr des IS, für die Bedrohung der nahöstlichen Region und desWestens.
Denn die Pentagonplaner wissen, dass sich eine hoch motivierte, taktisch geschulte und exzellent bewaffnete Truppe wie der IS nicht allein durch Luftangriffe ausschalten lässt. Raketentreffer können Konvois, die einen Angriff vorbereiten, oder einzelne gepanzerte Fahrzeuge und Geschütze zerstören. Aus eroberten Städten jedoch lassen sich die Gotteskrieger aus der Luft nicht vertreiben, die zudem bestens bewaffnet sind.
Allein in Mossul fielen ihnen Waffen und Fahrzeuge amerikanischer Herkunft für 60.000 Mann in die Hände. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte schätzt die Zahl der Kämpfer inzwischen auf 50.000 Mann, darunter 12.000Ausländer aus insgesamt 50 Staaten der Welt. In Syrien und Irak kontrollieren die Extremisten inzwischen 40 Prozent des Territoriums, insgesamt eine Fläche von der Größe Großbritanniens.
Wozu die Dschihadisten fähig sind, haben sie dieser Tage einmal mehr in Syrien gezeigt. In mehreren Orten haben sie insgesamt 18Menschen öffentlich hinheimdienstliche gerichtet. Extremisten hätten ihnen unter anderem vorgeworfen, das Regime von Präsident Baschar al-Assad unterstützt zu haben. „Der IS muss überall bekämpft werden, in Irak wie in Syrien“, plädiert Atheel al-Nujaifi, der Ex-Gouverneur der NiniveProvinz, der aus Mossul in den kurdischen Nordirak geflohen ist. „Das Problem ist jedoch, Verbündete auf dem Boden zu finden. Kurdische Kämpfer und die US-Jets allein können diese Schlacht sicher nicht gewinnen.“
Laut einer Meldung von Samstagabend ist nun auch der Flughafen vonTripolis von Islamisten erobert worden, erklärten Milizen des Kommandos Fadschr Libya (Morgendämmerung für Libyen). MARTIN GEHLEN