Zwischen skurrilem Slapstick und apokalyptischem Horror
Das Londoner Film-Theater „!927“begeisterte bei den Festspielen mit einer schrägen „Golem“-Version.
SALZBURG. Schundheft-Comic as much you can eat. Bis einem schlecht wird. Aber dann steckt das Lachen unverrückbar fest im Hals. Die Uraufführung des Stückes „Golem“nach Motiven von Gustav Meyrink in der Bearbeitung des Theaters „1927“aus London wurde nach derUraufführung im Salzburger Landestheater einhellig bejubelt.
Die letzte Premiere dieses Festspielsommers ist ein ungewöhnliches Format, das perfekt ins (abgeschaffte) „Young Directors Project“gepasst hätte. Aber auch als Solitär funktioniert diese bitterböse Gesellschaftssatire, in der die Schauspieler in einen Animationsfilm auf der Leinwand einsteigen und dabei die Texte Rap-artig zur Live-Musik von Klavier (und gelegentlich Schlagzeug) sprechen und singen.
Paul Barritt hat den Film gezeichnet. Ästhetisch und motivisch durchaus altmodisch erinnert diese technisch brillant umgesetzte Animation an die Arbeiten von Max Ernst oder an Filme wie „Yellow Submarine“und atmosphärisch auch an „Metropolis“. Die Texte und die Regie von „Golem“stammen von Suzanne Andrade, die zusammen mit Barritt, der Pianistin Lillian Henley und vier Schauspielern aus London eine geniale Symbiose aus skurrilem Slapstick und apokalyptischem Horror geschaffen hat.
Das Feuerwerk an krassen Gags, gnadenlosen Analysen und hemmungslos-direkten „Winks mit dem Zaunpfahl“würde – wie so oft in diesem Genre – schnell taub machen. Aber die Geschichte hält bei der Stange. Das Filmtheater „1927“erzählt eine moderne Version des Golems schnörkellos klar und beißender, als einem lieb sein kann. Denn die Geister, die gerufen werden, ziehen gnadenlos als Fäden weit über die Aufführung hinaus.
CHRISTOPH LINDENBAUER Golem. Landestheater Salzburg: 24. und 26. August ( 19.30 Uhr). Karten: Tel. ( 0662) 8045- 500 salzburgerfestspiele. at