Mit Öl gelöscht
Lange bedienten sich SPÖ undÖVPin derHypo-Debatte eines einfachen Kniffs. Sie reduzierten die Verantwortung für das Geschehene auf den Urknall und seinen Verursacher, den verstorbenen Jörg Haider. Er und sein Kärnten, das seien die Brandstifter gewesen, und die Regierenden inWien diejenigen, die sich den Flammen ritterlich entgegenzustellen hatten. So tönte die manichäische Erzählung von Gut und Böse, die Rot und Schwarz über das Milliardendesaster spannten. Ihr Refrain war die These von der Individualschuld. Sie war praktisch, denn sie verdrängte jedwede Selbstbefragung. Es gehört zu den Verdiensten der Untersuchungskommission und ihrer wunderbar unerschrockenen Leiterin Irmgard Griss, dass die monokausale Lesart der Bankenpleite dekonstruiert und als Zerrbild entlarvt wurde.
Ja, Jörg Haider missbrauchte die Hypothekar-Anstalt triebhaft als politischen Cash-Automaten, und: Ja, er ebnete mit den Bürgschaften des Landes den Weg für die halsbrecherische Expansion der Regionalbank und den Casino-Rausch des Managements. Aber damit ist nur der Ursprung beschrieben, der Erzählkern. Zu den abgedunkelten Seitensträngen zählen jene Faktoren, ohne die die Hypo-Affäre nicht dieses verheerende Ausmaß hätte annehmen können: das Versagen derKontrolle, vomAufsichtsrat der Bank über den Landtag bis zur Finanzmarktaufsicht und der Nationalbank, deren Präsident noch immer die Erzählund Deutungshoheit innehat. All die Kontrollgremien haben versagt, weil sie parteipolitisch durchtränkt sind. Sie waren kein Gegengewicht, sondern Interpret und Sekundant der Handelnden.
In den Fokus der Ursachenforschung rückte auch ein Föderalismus, der Anomalien zulässt wie horrende Haftungen eines Bundeslandes, für die im Ernstfall alle Österreicher geradestehen. Und letztlich haben auch die Florianijünger Schuld auf sich geladen: Sie haben den Brand mit Öl gelöscht, indem sie nicht nur die Bayern in karitativer Umnachtung entlasteten und das Unglück zurückkauften, sondern auch die notwendige Entgiftung und Teilung der Bank aus wahltaktischüber Jahre hinweg auf Kosten der Steuerzahler verschleppten. o erzählt der Hypo-Skandal nicht nur über die Abgründe eines Schamlosen. Er erzählt auch von Österreich, dem Parteien-Filz, der schlampigen Gewaltentrennung und den Regierenden, die nicht regierten, sondern zauderten und in derNacht derNot, geblendet von Drohkulissen, im Affekt fremden Stimmen folgten. Seltsam, dass so viele Feuerkämpfer die Brandstätte verließen. Auch ihr fernes Schweigen erzählt viel.
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