Alltag ist noch voller Hürden
Die gehbeeinträchtigte Lisa Hörnler (25) testete für die wie behindertengerecht Klagenfurt ist.
LISA HÖRNLER*
Bislang ist es körperlich beeinträchtigten Personen oft unmöglich, uneingeschränkt am öffentlichen Leben teilzunehmen. Eine Stufe hier, eine schwere Tür dort: Für Rollstuhlfahrer und Gehbeeinträchtigte sind derartige Hürden in Klagenfurt noch immer Teil ihres Alltages. Daran erinnert unter anderemder internationale Tag der Menschen mit Behinderung, der diese Woche begangen wurde.
Besonders Praxen von Ärzten und Therapeuten hinken bei der Barrierefreiheit hinterher. Aber auch eine Shoppingtour durch die Innenstadt oder die Einkaufszentren kann schnell zur unüberwindbaren Herausforderung werden. Ein Grund sind die für Rollstuhlfahrer häufig viel zu kleinen Umkleidekabinen.
Darüber hinaus sind viele bereits behindertengerechte Gebäude nur auf den ersten Blick barrierefrei. Der eingebaute Aufzug ist zwar gut gemeint, trotzdem kann er seine hilfreiche Funktion nicht erfüllen. Häufig müssen zuvor noch Stufen überwunden werden, die ein Rollstuhlfahrer ohne Rampe alleine nicht bewältigen kann. Das ist auch im Europagymnasium in Klagenfurt der Fall. „Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Rampe, etwa im Innenhof, anzubringen. Da sind wir derzeit mit Behindertenverbänden und dem Landesschulrat im Gespräch. Auf der Seite der Mießtaler Straße verfügen wir aber bereits über eine Rollstuhlrampe“, sagt Direktor Gerhard Hopfgartner.
Auch blinde und sehbeeinträchtigte Menschen stoßen in ihrem Alltag noch auf jede Menge Barrieren. „Es ist wichtig, dass man bei der Planung von öffentlichen Gebäuden auch diese Gruppe einbezieht. In erster Linie geht es darum, Hindernisse und Gefahren abzusichern und gute Leit- und Orientierungssysteme zu schaffen“, erläutert Doris Ossberger vom Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverband.
Unsichtbare Barrieren
Barrieren haben viele Gesichter. Die meisten davon sind jedoch für die Augen nicht behinderter Menschen unsichtbar. Es fehlt die eigene Betroffenheit. „Erst wer einen Kinderwagen schieben oder vorübergehend mit einem Gipsfuß unterwegs sein muss, bemerkt, wie viele Barrieren es alleine in Klagenfurt gibt. Barrierefreiheit ist ein Komfort für alle Menschen, aber es besteht noch sehr viel Handlungsbedarf“, betont Isabella Scheiflinger, Behindertenanwältin des Landes.
Bis zum 31. Dezember 2015 müssen, wie berichtet, bauliche Hindernisse in Handels- und Dienstleistungsbetrieben beseitigtwerden. So schreibt es das österreichische Behindertengleichstellungsgesetz vor. Angesprochen auf geplante Umbaumaßnahmen zur Barrierefreiheit, reagieren vor allem Klein- und Mittelbetriebe immer noch überrascht. „Laut einer durchgeführten Studie unter 100 Kärntner Unternehmen, wissen mehr als 75 Prozent der Befragten nichts von den gesetzlichen Bestimmungen“, sagt die Behindertenanwältin.
Dass die Umsetzung von Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden etwawegen des Denkmalschutzes nicht möglich wäre, lässt Scheiflinger nicht gelten: „Es gibt bereits tolle Lösungen, wo die Barrierefreiheit mit dem Denkmalschutz in Einklang gebracht wurde.“Als Beispiel nennt sie den denkmalgeschützten Amalienhof inKlagenfurt, wo die Barrierefreiheit bereits umgesetzt wurde.
Der Denkmalschutz sei laut Scheiflinger kein Freibrief fürs Nichtstun, denn Barrierefreiheit ist einMenschenrecht.