Kein guter Boden für Bürgerliche
Die Kärntner ÖVP feiert heuer ihr 70-jähriges Bestehen und blickt dabei auf eine sehr wechselhafte Geschichte zurück.
ROBERT BENEDIKT
Hermann Gruber, erster VPObmann in Kärnten nach dem Zweiten Weltkrieg, schildert den Wiederbeginn in seinem Buch „Die Jahre in der Politik“wie folgt: „Am 5. Juli 1945 wurde die neue Partei feierlich aus der Taufe gehoben. Die konstituierende Sitzung fand im Amtszimmer von Landesrat Hans Ferlitsch statt. Zum Abschluss teilten wir die Überzeugung: Wir haben heute eine historische Sitzung erlebt.“
Eine Woche später wurde die provisorische Landesregierung erstellt. Als Referate wurden der ÖVP das Agrarwesen, die Wirtschaft und der Straßenbau zugeteilt. Alle drei Bereiche lagen nach dem Krieg brach.
Für die ÖVP war und ist Kärnten im Bundesländervergleich kein allzu guter Boden. Der Historiker Hellwig Valentin erklärt: „In der Geschichte des Landes dominierte ein Kleinbauern- und Keuschlertum, also ländliches Proletariat, das der Kirche gegenüber auf Distanz blieb. Somit blieb Kärnten ein guter Boden für antiklerikale und deutschnationale Bewegungen. Eine Folge davon ist die traditionelle Schwäche des christlich-sozialen Lagers.“
In den Anfängen nach dem Krieg verstand sich die ÖVP als Sammelbecken für alle antimarxistisch gesinnten Kräfte, angestrebtwurde Der erste Parteitag der Kärntner ÖVP am 20. September 1946: Mangels großer Säle wurde die Versammlung im Klagenfurter Landhaushof abgehalten ein ständischerAufbau der Partei. Ende 1946 war der Aufbau der drei Bünde (Wirtschafts-, Bauernbund und AAB) abgeschlossen.
Bauernbund wird wichtiger
Mitte der 1950er-Jahre begannen junge Kräfte nach oben zu drängen, um die überalterte „45er-Elite“(Valentin) abzulösen. Daswar der Karrierebeginn der erfolgreichen Bauernbündler Herbert Bacher und Karl Schleinzer, der später die Bundespartei übernehmen sollte. Als Schleinzer 1961 nach Wien wechselte, übernahm Bacher die Landespartei. In dessen Amtszeit fiel die „Gemeindestruktur-Reform“, die Anfang 1973 in Kraft trat und die Zahl der Kommunen im Land von 203 auf 121 reduzierte. Den Unmut darüber in der Bevölkerung bekam allerdings nicht so sehr die Volkspartei als vielmehr die SPÖ zu spüren, die bei den Gemeinderatswahlen am 25. März 1973 sechs Prozentpunkte verlor. Für die ÖVP schien es aufwärtszugehen. Sie übernahm in Klagenfurt mit Unterstützung der Freiheitlichen den Bürgermeisterposten.
Doch der Aufwärtstrend hielt nicht lange an. Bei den Landtagswahlen 1975 blieb die Volkspartei mit 32,4 Prozent der Wählerstimmen hinter den Erwartungen zurück, dieSPÖkonnte trotz der Erregungen im Ortstafelkonflikt mit 51,4 Prozent die absolute Mehrheit halten. Der glücklose Obmann Bacher wurde durch Stefan Knafl abgelöst.
Parallel zum Aufstieg der Freiheitlichen verlor die ÖVP an Stärke und Bedeutung. Resümee des Historikers: „Über Jahre hinweg stützten SPÖ und ÖVP ihre Dominanz auf die Parteibuchwirtschaft. Damit unterminierten sie auf lange Sicht die eigene Machtstellung und förderten ungewollt Haiders Aufstieg.“
Harald Scheucher ermöglichte HaidersWahl zum Landeshaupt- mann und läutete damit das Ende der absoluten SPÖ-Regentschaft ein. Nach dem Haider-Sager von der „ordentlichen Beschäftigungspolitik im Dritten Reich“wurde Christof Zernatto überraschend Kärntens bisher einziger ÖVP-Landeshauptmann, er blieb bis 1999 im Amt. Die zurückliegenden Jahre waren geprägt von