Damalige Bomben haben keine Sprengkraft mehr
Die 1970er-Jahre sind für Kärnten Vergangenheit.
Die Situation sei dramatischer gewesen, als man es sich vorstellen konnte, Kärnten in den 1970er-Jahren an der Schwelle zum Bürgerkrieg gestanden. Angeheizt worden sei der Volksgruppenkonflikt vom früheren jugoslawischen Geheimdienst UBDA, der Vertreter der Kärntner Slowenen instrumentalisierte. Das ist dieKurzfassung des 900 Seiten dicken Historikerberichtes über die Bombenanschläge vor fast 40 Jahren in Südkärnten.
Mit Spannung und mit Sorge hat man das Ergebnis der fünf Jahre dauernden Forschungsarbeit in den österreichischen und slowenischen Archiven erwartet. Würde es das Konsensklima stören, die beruhigte Volksgruppenfrage erschüttern und das Unterfutter für parteipolitische Aktionen liefern?
Drei Mal nein. Das damalige Geschehen ist in Beziehung zu den damaligen politischen Verhältnissen zu sehen. Auch wenn der Bericht viele Ereignisse in einem neuen Licht erscheinen lässt und die Namen involvierter Personen nennt, eignet er sich nicht als Sprengsatz. Das hätte vor einigen Jahren noch anders sein können. Wohlumsie für tagespolitische Diskussionen zu benutzen, wollte manch politische Seite von den Historikern brisante Zwischenergebnisse. Es zeichnet die Autoren Alfred Elste undWilhelmWadl aus, dass sie dem Drängen nicht nachgegeben haben. Aus dem Kontext gerissene Berichtsbruchstücke hätten die Ortstafellösung torpedieren und Kärnten um Jahre zurückwerfen können.
Die Versöhnungsarbeit der früheren, alles andere als zimperlichen Gegner, allen voran Heimatdienst-Obmann Josef Feldner und Slowenen-Vertreter Marjan Sturm, hat mittlerweile eine Brandmauer gegen politische Brandstifter aufgezogen. Wenn manche Menschen ihre wechselseitigen Ressentiments nicht überwinden können – wie die vereinzelten Unmutsbekundungen bei der öffentlichen Präsentation des Historikerberichts zeigten – mag dies persönliche Betroffenheitsgründe haben. Breite bekommt die Feindbild-Pflege heute nicht mehr.
Titos Schatten, wie der Titel des Historikerberichts lautet, überschattet das heutige Zusammenleben in Kärnten nicht mehr. Viel schwerer liegen die Schatten der jüngeren Vergangenheit über dem Land – der Korruptionssumpf und das Hypo-Debakel, die Kärnten an den Abgrund geführt haben.
Es ist wichtig, dieVergangenheit aufzuarbeiten. Heute geht es aber um die Zukunft, ob Kärnten und seine jungenMenschen überhaupt eine Zukunft haben. Die Beantwortung dieser Frage erfordert die Konzentration aller positiven Kräfte.