PORTRÄT DES TAGES Der Preis des Glücks
Manager Dan Price verzichtet freiwillig auf 90 Prozent seines Gehalts.
Die Gehaltsschere klafft gerade dort weit auseinander, wo die freie Marktwirtschaft regiert. Der US-amerikanischeUnternehmer Dan Price versucht diese zu schließen. Zumindest in seiner Firma, zumindest vorübergehend. Der charismatische Kopf des Zahlungsdienstleisters „Gravity Payment“verzichtet für die kommenden drei Jahre auf den Löwenanteil seines Gehalts, um seinen 120 Mitarbeitern eine saftige Gehaltserhöhung geben zu können und um sein Unternehmen wieder profitabler zu machen. Er führte einen Mindestlohn von 70.000 Dollar pro Jahr ein. Zuvor verdienten seine Mitarbeiter im Schnitt 48.000 Dollar. Um die Steigerung zu ermöglichen, spart Price bei sich selbst und kürzt sein Einkommen von einer Million auf ebenjene 70.000 Dollar.
Die Nachricht von dieser für viele überraschenden Tat ver-
geboren am 13. Mai 1985 in Idaho.
des Unternehmensberaters Ron Price wuchs mit vier Brüdern auf. Im Alter von 19 Jahren gründete er die Lohnbuchhaltungsfirma Gravity Payment. Price wurde 2014 zum Unternehmer des Jahres gewählt.
Dan Price,
Der Sohn
breitete sich wie ein Lauffeuer. Im TV-Sender MSNBC wurde der 29-Jährige gefragt, ob er verrückt sei, ob er eine Risiko-Analyse durchgeführt habe und einen Einbruch derUmsätze befürchte. Und schließlich wurde auch die Frage nach dem Warum gestellt. „Ich denke, dass ich als Chef meinen Mitarbeitern gegenüber eine moralische Verpflichtung habe“, erklärte Price. Er habe immer öfter vernommen, dass sich die Menschen das Leben in Seattle nicht mehr leisten könnten, und will mit diesem Schritt ein Zeichen gegen diewachsende monetäre Ungleichbehandlung zwischen der Management-Ebene und dem Rest der arbeitenden Gesellschaft setzen.
Den Ausschlag dafür gab eine Studie, die Price gelesen hatte. Darin stand, dass sich ein höheres Einkommen stark auf die Zufriedenheit der Menschen auswirkt – sofern sie weniger als 75.000 Dollar jährlich verdienen. „Ich will, dass meine Mitarbeiter sich auf unsere Kunden konzentrieren, nicht auf ihre finanzielle Situation“, sagte Price weiter. Er sei überzeugt von den positiven Auswirkungen dieser ungewöhnlichen Investition und hoffe zudem, dass sein Vorgehen von anderen Vorständen und Managern aufgegriffen wird. Ob diese Strategie in einer vom Kapitalismus geprägten Gesellschaft Schule machen kann, wird sich zeigen.
MATTHIAS REIF