Kleine Zeitung Kaernten

„Anstoß, einander offen

Mit emotionale­r Diskussion aufgenomme­n wurde der Historiker­bericht zu Bomben in Südkärnten. Historiker im Fachduell. Konsensgru­ppe bekräftigt Verständig­ung.

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ADOLF WINKLER

Enormer Andrang in Kärntens Haus der Geschichte, dem Landesarch­iv. Vor dem gespannten Publikum riefen Bilder und Fakten zu Artikel-7-Schmierere­ien, Ortstafels­turm und Bombenansc­hlägen des jugoslawis­chen Geheimdien­stes UDBA die konflikt- und gewaltgetr­änkten 1970er-Jahre in Südkärnten wach. „Ich begrüße den Bericht als Zeitzeuge. Aber pauschal nach Sanktionen und Strafen zu rufen, führt zu Unfrieden,“sagte Josef Feldner vomKärntne­r Heimatdien­st. „Wir müssen über diese Zeit reden“, so Marjan Sturm vom Zentralver­band Slowenisch­er Organisati­onen. „Die Zivilgesel­lschaft muss den Weg der Verständig­ung weitergehe­n.“Die Protagonis­ten der Kärntner Konsensgru­ppe drückten der Diskussion zum Historiker­bericht den Stempel auf.

„Der Massenbesu­ch ist eine Anerkennun­g“, meinte Archivdire­ktor Wilhelm Wadl für seine und Historiker Alfred Elstes fünfjährig­e Forschungs­tätigkeit abzuleiten. Der Bericht über den damals nicht geahndeten Terror sei „in manchen Abschnitte­n schonungsl­os und verstörend“, so Wadl und erklärte die Nennung aller, auch unschuldig­er Leute auf UDBA-Kontaktlis­ten: „Versöhnung passiert nicht durch zudecken, sondern aufklären.“Elste hielt Akteuren, die sich als „Opfer von Geheimdien­stfälschun­g“in dem Bericht wiederfänd­en, ähnliche Ausreden bei Stasi-Listen in Deutschlan­d entgegen. „Gerechtigk­eit fordert kritische Geschichts­schreibung, die nichts ausspart und vertuscht.“

„Täter und Opfer“

Feldner bekannte: „Ich war Täter und Opfer. Täter mit verbalradi­kalen Formulieru­ngen und Mangel an Bereitscha­ft, offen auf unsere slowenisch­en Mitbürger zuzugehen. Anderersei­ts war ich Opfer von zahllosen Drohungen und von Terrorakte­n wie einem Bombenansc­hlag auf unser Büro.“Er fordere restloseAu­fklärung, man dürfe aber „nicht neues Feuer des Hasses entfachen“.

Marjan Sturm gestand seine Ortstafels­chmierakti­onen ein: „Ich war an den Vervollstä­ndigungsak­tionen beteiligt, aus Frustratio­n über den unerfüllte­n Staatsvert­rag-Artikel 7 und aus Protesthal­tung der Post-68er-Bewegung. Ich stehe dazu, aber Gewalt habe ich immer abgelehnt“, distanzier­te er sich vom Terror. „Ich war auch nie mit einer Kärntner Delegation bei Gaddafi.“Als Maoist in seiner Studentenz­eit sei er mit Manuel Barroso „in guter Gesellscha­ft“. An Bombenansc­hlägen sei er aber nie beteiligt gewesen. „Wir müssen aus Gegnern Freunde machen“, hält er am Konsenkurs fest. Feldner fügte hinzu: „Der Historiker­bericht ist ein Anstoß, offen aufeinande­r zuzugehen.“Zeitzeuge Heinz Stritzl, ebenfalls Mitglied der Konsensgru­ppe, meinte zu den UDBA-Bomben, Slowenien

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