Muss anders werden“ „
1933 hatten wir eine Kanzlerdiktatur, von der sich die ÖVP klar
hat.“distanziert
einer Messe zu beginnen, ehe er den Unterschied zwischen Religion und Politik hervorhebt. „Jesus entzieht sich der Versuchung zum politischen Messianismus“, sagt Schönborn und zitiert: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“Nicht Trennung der Sphären heiße das, sondern Unterscheidung, predigt Schönborn.
„ Nicht alles war Strategie“
„There is a party going on“, singt wenig später das Duo Sugar Sky im Prälatensaal, die Partei klatscht im Rhythmus mit. Zum Geburtstag bringt Klubchef Reinhold Lopatka ein Buch mit, „wie zu jedem Parteijubiläum“. Und Gernot Blümel, Generalsekretär wie einst Lopatka, formuliert selbstironisch: „Nicht alles, was im Nachhinein zur Strategie erklärtwurde, war von Anfang an so geplant.“Den nächsten Anlauf zu einer Parteistrategie, das neue Programm, will er am 12. und 13. Mai präsentieren.
Reinhold Mitterlehner
Der Bruch in der Parteigeschichte zwischen den Christlichsozialen des Ständestaats der Dreißigerjahre und der Nachkriegspartei sprach Lopatka nur vorsichtig an. Bei der Vorgängerpartei habe es „natürlich auch Schatten und dunkle Seiten gegeben“. Nur die christlichen Grundwerte und der Patriotismus seien geblieben. Parteichef Reinhold Mitterlehner wird da viel deutlicher. Er nennt die Regierungszeit von Engelbert Dollfuß und Kurt Schuschnigg eine „Kanzlerdiktatur, von der sich die ÖVP klar distanziert hat“.
Der Grazer Soziologe Manfred Prisching erklärt der Partei, „was bürgerlich-liberal nach dem Ende des Bürgertums noch heißen könnte“. Freiheit drohe zum Freiheiterl zu verkommen und auch liberale Ideen seien nicht ungefährdet. Den Slogan „Weniger Staat ist immer besser“nennt Prisching „vulgärliberal“.
Populismus packt die Menschen bei ihren schlechten Eigenschaften“, formuliert Prisching. „Angst ist schlecht für demokratische Gesellschaften.“Sie zu bekämpfen und nicht noch zu schüren, sei die Aufgabe von Politik. Zur Erfolgsgeschichte der Nachkriegsdemokratie sagte Prisching:„ haben Glück gehabt, eine unerwartete Gelegenheit wurde genutzt.“
Witzig und ironisch resümiert Mitterlehner die Parteigeschichte. Manchmal habe man die Ringe der Zielscheibe erst nachträglich um das Einschussloch gemalt, formuliert er. Ob seine Partei wirklich kontinuierlich den Markt hochgehalten habe, bezweifelt Mitterlehner und erinnert an Preisregulierungen, die es noch bis in dieNeunzigerjahre gegeben habe. „Bitte regle die Benzinpreise“, habe man ihn noch vor Kurzem gebeten.
Ökosoziale Marktwirtschaft
Erstaunlich oft preist Mitterlehner die von Josef Riegler in den Achtzigerjahren entwickelte „Ökosoziale Marktwirtschaft“. Die Kombination dieser drei Begriffe hält Mitterlehner für ein Modell für Europa, ja die Welt. Den Vorwurf, die Partei habe von den siebzig Jahren ihrer Geschichte 54 an der Regierung verbracht, sei also für alles mitverantwortlich, relativiert Mitterlehner. „Wären wir es nicht gewesen, wäre vieles falsch oder nicht entstanden.“Die ÖVP sei eine „Reformpartei“, sagt Mitterlehner. „Vieles muss anders werden, um Wichtiges zu erhalten.“