DerFCBayernist jetzt ein Patient
Abgang von Klubarzt Müller-Wohlfahrt stürzt Bayern in eine Krise. Der Klub mauert, Guardiola hält sich zurück.
HUBERT GIGLER
Mitunter wird die Berufsbezeichnung „Pressesprecher“ad absurdum geführt, und zwar von einem Vertreter dieser Spezies selbst. Der „Sprecher“des FC Bayern, Markus Hörwick, sah sich jedenfalls am Tag nach dem Abgang des langjährigen Klubarztes HansWilhelm Müller-Wohlfahrt dazu veranlasst, eine Sprechbarriere zu errichten. Mehr als ein von Trainer Pep Guardiola schlicht hingeworfenes „Ich muss die Entscheidung respektieren“drang nicht aus dieser bei der Pressekonferenz kurzfristig eingebauten Mauer des Schweigens. Es habe „nichts“gegeben, meinte Guardiola auf die Frage, was denn zwischen ihm und Müller-Wohlfahrt vorgefallen sei. Es sei „seine Entscheidung“gewesen. Ende der Durchsage, weitere Fragen zu diesem Thema wurden einfach untersagt. Offen ist vorerst noch, ob Guardiola gestärkt oder ge- schwächt aus diesem Konflikt herausgeht. „Ich möchte bleiben“, sagte er. Der Vertrag läuft aber 2016 aus.
Der 72-jährige Klubarzt selbst hatte am Donnerstag einen überraschenden Schlussstrich hinter eine 38-jährigeÄra gezogen. Auslöser für den Schrittwar offenbar ein Disput nach dem 1:3 in Porto.
„ Gefährliche Situation“
Von Vereinsseite aus sei die medizinische Abteilung „aus uns unerklärlichen Gründen“für die Niederlage „hauptverantwortlich“gemacht worden, wie es in einer Mitteilung hieß. Hinter der Aktion soll laut einschlägigen Hinweisen Vorstandschef KarlHeinz Rummenigge stecken. ExBayern-Star und Sky-Experte Stefan Effenberg sieht nun dunkle Wolken am bisher so lichten Bayern-Horizont aufsteigen: „Die Situation könnte für den Klub gefährlich werden.“
Mit Müller-Wohlfahrt verlässt der gesamte medizinische Stab den Klub, der schon lange schwe- lende Konflikt mit Guardiola ist damit eskaliert. Der Eklat trifft den Verein zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt und kann als Ausweitung einer Krise interpretiert werden. Viele Verletzte, die Not in der Champions League, nun der Verlust einer tragenden Säule des Vereins – das ist ein bisschen viel auf einmal, auch für den Klub mit dem berühmten Selbstverständnis „Mia san mia“.
Müller-Wohlfahrt will sich später genauer äußern. Derzeit sei es dafür „noch zu früh“.
Porträt des Tages Seite 9