Fischer: „8. Mai war eine Wasserscheide“
Mit Kranzniederlegungen, Mahnreden und Beethovens 9. Symphonie gedachte die Republik des Kriegsendes.
THOMAS GÖTZ
Wie denn das zusammengehen könne, fragte sich der Dichter Peter Turrini, als er hörte, ein „Fest der Freude“sollte zur Erinnerung an den 8. Mai stattfinden. Die Richtigkeit, ja Schönheit des Namens habe sich ihm erst später erschlossen, zitiert Katharina Stemberger auf dem Heldenplatz.
Die Spannung ist auch auf dem Platz, auf dem bis vor drei Jahren noch der „Niederlage“gedacht worden war, nicht überwunden. Stockend erzählt die 87-jährige Helga Emperger von der Hinrichtung ihrer Mutter, die Kriegsdienstverweigerer versteckt hatte. Dann schmetterte derWiener Singverein Schillers Ode an die Freude über den Heldenplatz, als ginge das so einfach zusammen.
Bundespräsident Heinz Fischer, der schon in der Früh einen Kranz auf sowjetischen Kriegsgräbern auf dem Zentralfriedhof niedergelegt hatte, nennt den 8. Mai schlicht eine „Wasserscheide“. Er trenne Krieg von Aufbau, Diktatur von demokratischem Neubeginn. „Kompakt“habe er den Tag empfunden und seine sehr unterschiedlichen Feiern seien von einer „richtigen Grundstimmung“getragen gewesen.
Die Bundesregierung, die schon am Vormittag einen Festakt im Bundeskanzleramt ausgerichtet hatte, trat auch am Abend in Erscheinung. Bundeskanzler Werner Faymann zog eine Verbindung von der Arbeitslosigkeit der Zwischenkriegszeit zur Empfänglichkeit für totalitäre Ideen und forderte mehr europäischen Einsatz für Arbeitsplätze. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner fragte, wieso es so lange gedauert habe, sich dem Vergangenen zu stellen. „Sich wahrheitsgemäß zu erinnern, tut oft weh“, zitierte er den ehemaligen Deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der in Deutschland 40 Jahre nach dem Krieg begann, von Befreiung statt vonNiederlage zu sprechen. Wiens Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zog Verbindungen zu den Toten im Mittelmeer. Wer dankbar sei für seine Freiheit, sollte auch die anderer verteidigen, sagte sie. „Lasst es uns in Freude tun.“