LeichtfüßigesmitTiefgang
Bewegungstherapie, auch für Herz und Hirn: HeidelindeWeis und Nikolaus Barton absolvieren am Stadttheater Klagenfurt „Sechs Tanzstunden in sechsWochen“.
SAMSTAG, 9. MAI 2015, SEITE 101
USCHI LOIGGE
Ich bin nicht verrückt, ich bin Italiener. Wir benehmen uns immer so“, sagt Michael. „Seit er tot ist, hat sich die Beziehung zu meinem Mann deutlich verbessert“, findet Lily. Zwischen diesen Geständnissen liegen ein paar Tanzstunden, gleich viele Anrufe von Ida aus dem 13. Stock, die sich über die laute Musik und das Gehopse oben beschwert, und die Botschaft, dass auch das Leben ab und zu nach einer neuen Choreografie verlangt.
Pointenreich, mit etlichen Täuschungsmanövern und Wortgefechten haben die „Sechs Tanzstunden in sechs Wochen“von Richard Alfieri alles, was eine gute Komödie ausmacht. Zwei grundverschiedene Charaktere, beide geistreich und nicht auf den Mund gefallen. Sie: Lily, alt, reich und so einsam, dass sie einen Tanzlehrer bucht. Er: Michael, jung, pleite und patzig.
Das kommt leichtfüßig daher und entwickelt Tiefgang, denn Lily und Michael werden bald über das Alter, die Angst und die Einsamkeit reden, darüber, was Nähe und Vertrauen ausmacht.
Wie Regisseur Patrick Schlösser die beiden Individualisten zueinander führt, hat Rhythmus und Stil. Umso mehr, da HeidelindeWeis (ihr Knie erzwang den Regiekniff) die Tanzstunden im Fauteuil konsumiert und sehr anmutig, aber immer sitzend von der Hüfte aufwärts tanzt, während Nikolaus Barton in entsprechenden Kostümen (Katja Wenzel) und Dialekten Swing, Tango, Walzer etc. präsentiert. Bis zur Pause erlaubt das die Vorstellung, der Tanzlehrer könnte nur in Lilys Fantasie existieren.
Heidelinde Weis ist eine in allen Gefühlslagen authentische Lily. Dass sie bei der Premiere zwischendurch mit dem Text kämpfte, störte nicht wirklich. Nikolaus Barton arbeitet taktvoll an denWidersprüchen seiner Figur. Das ergibt eine unterhaltsame Bewegungstherapie für Herz und Hirn. Mit einer zauberhaften Schlusssequenz.