Die irakischen Soldaten flüchteten in Panik
Die Terrormiliz IS eroberte die irakische Stadt Ramadi und verübte dort erste Massaker.
Nach den empfindlichen Niederlagen in Kobane und Tikrit hat der „Islamische Staat“in Irak und Syrien mit spektakulären Gegenoffensiven begonnen. AmSonntag nahmen die Gotteskrieger die westirakische Provinzstadt Ramadi ein, für die Zentralregierung in Bagdad das größte militärische Debakel nachdemVerlust vonMosul vor einem Jahr. Wieder flohen ganze Brigaden irakischer Soldaten in Panik aus der Stadt und ließen große Mengen an Fahrzeugen, Waffen und Munition zurück.
In Syrien bedroht die Terrormiliz das Weltkulturerbe der antiken Stadt Palmyra, auch wenn sie zunächst nach heftigen Gefechten mit mehr als 300 Toten aus der modernen Stadt Tadmur nebenan vertrieben werden konnte. Doch die Gefahr ist nicht gebannt. AmMontag beschossen die Angreifer Wohnviertel mit Raketen, durch die mindestens fünf Menschen starben. Am Stadtrand gab es erneut schwere Kämpfe.
Die IS-Kommandos haben sich etwa einen Kilometer von dem antiken Ruinenensemble entfernt verschanzt. Palmyra, das in den letzten vier Jahren fest in der Hand des Assad-Regimes war, ist weltberühmt.
BAGDAD.
Hunderttausende westliche Touristen kennen das antike Juwel aus eigener Anschauung.
Nach der Einnahme von Ramadi kontrolliert der „Islamische Staat“jetzt die gesamte westirakische Provinz Anbar, die direkt an Jordanien grenzt. Die zweite Stadt Fallujah haben die Gotteskrieger bereits seit Anfang 2014 in ihrer Gewalt. 120.000 Einwohner Ramadis sind vor den Gefechten in das 100 Kilometer entfernte Bagdad geflohen, seit die irakische Armee von den anstürmenden Kriegern überrollt wurde.
Glatt rasierte Kämpfer
Nach Angaben eines Sprechers massakrierte der IS mindestens 500 Polizisten und Zivilisten. Überall in den Straßen sollen Leichen liegen. Für den entscheidenden Durchbruch in das Stadtinnere setzte der IS glatt rasierte Kämpfer in irakischen Uniformen ein. Jetzt erwägt der bedrängte Regierungschef Haider al-Abadi offenbar, schiitische Milizen in Ramadi einzusetzen, die vor der Provinzhauptstadt zusammengezogen wurden. Das jedoch könnte, wie bei der Rückeroberung von Tikrit, die Spannungen mit der sunnitischen Bevölkerung verschärfen. MARTIN GEHLEN