Wir wollen unsere Scheinwelt behalten
Bargeld abzuschaffen, bedeutet, Freiheit zu beschränken.
Dass Geld nicht stinkt, ist uns dank der Redewendung „Pecunia non olet“, die dem römischen Kaiser Vespasian zugeschrieben wird, durchaus bekannt. Wussten Sie jedoch, dass Geld gesundheitsschädigend ist? Gut, so manch verdorbener Charakter wird diese These verifizieren können. Geld ist aber auch furchtbar unhygienisch – Millionen von Bakterien tragen wir in unseren Geldtaschen herum. Pfui. Das istwohl das obskurste Argument, das für die Abschaffung von Bargeld spricht.
Weitaus sachlicher argumentieren da renommierte Wirtschaftsweise, die dieser Tage wieder propagieren, dass unser Geldsystemso ganz ohne Münzen und Banknoten doch viel besser funktionieren würde: Bargeld werde gern für illegale Transaktionen genutzt, heißt es da etwa. Mit einer Abschaffung könnten die Märkte für Schwarzgeld und Drogen ausgetrocknet werden. Steuerflucht könnte erschwert werden. Und überhaupt verursachten Bargeldzahlungen ja auch
WOL FGANG FERCHER enorme volkswirtschaftliche Kosten. Rational betrachtet mögen diese Argumente schon Sinn machen, in Wahrheit sind sie in vielerlei Hinsicht eine gefährliche Drohung.
„Zahlst du mit Cash, hupf i aus der Wäsch“, dichtete die EAV einst so schön. Jetzt will man uns suggerieren, dass jede Cash-Transaktion etwas Böses oder gar Illegales sei. Selbst das Glas Buttermilch auf der entlegenen Berghütte? Der bargeldlose Zahlungsverkehr wird ohnehin immer stärker – weil Zahlen mit Karte oder SmartphoneApp praktisch und Ausdruck unseres hochdigitalisierten Alltags ist. Daraus abzuleiten, dass Scheine und Münzen gar nicht mehr notwendig seien, ist eine bedenkliche Schlussfolgerung. Eine, die Bürgern dieWahlfreiheit und jedem Einzelnen ein Stück Demokratie und Individualität nimmt. Wer sein ehrlich und legal verdientes Geld – gerade in Hinblick auf negative Sparbuchzinsen – unter den Kopfpolster legen oder in den Sparstrumpf stecken will, soll das auch in Zukunft tun dürfen. Das Risiko eines möglichen Diebstahls einschätzen zu können, ist mündigen Bürgern durchaus zuzutrauen. ahrhundertealte Traditionen aufzugeben, ist Teil unserer sozialen und wirtschaftlichen Evolution. Dies sollte aber nicht um jeden Preis geschehen. Eine bargeldlose Gesellschaft wäre der nächste Schritt hin zu völliger technischer Abhängigkeit und einer total kontrollierten Welt – in der wir uns längst von multinationalen Konzernen manipuliert fühlen. Mit solchen Diskussionen wird das Vertrauen in unser gesellschaftliches System nach all den Datenskandalen der jüngsten Vergangenheit noch weiter erschüttert. Sie erreichen den Autor unter
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