„Umgang mit Geld an der Schule unterrichten“
Österreichs Sparkassen-Chefs besprachen in Pörtschach ihren Zukunftsplan. Präsident Fabisch und Kärnten-Vorständin Semmelrock-Werzer verraten Details.
Wie sehr setzen die niedrigen Zinsen den Sparkassen zu? Ich kann ja dem Sparer nicht sagen: Gib mir Dein Geld, aber Du bekommst nur noch 97 Prozent davon zurück. Derzeit glauben noch viele Kunden, es geht vorbei. Nicht auszudenken, wenn das noch zehn Jahre anhält: Angst vor der Zukunft ist allein kein Sparmotiv. Die Kreditnehmer sind natürlich begünstigt – aber sie investieren trotzdem wenig.
Die Niedrigzinsen sind eine echte Beschädigung unseres Geschäftsmodells – Geld einlegen und Geld verleihen. Eine Retailbank wie wir ist nicht darauf ausgelegt.
Befürchten Sie einen Wettbewerbsnachteil für Österreichs Banken- und Sparkassenlandschaft, wenn das Bankgeheimnis fällt?
GERHARD FABISCH:
Die Vermutung, dass jedes Konto ein Schwarzgeldkonto ist, ist Blödsinn. Wir glauben nicht, dass die Leute dann ihr Geld im Garten vergraben, haben also keineAngst Liquidität einzubüßen. Wir kritisieren den Vorschlag nur deshalb, weil der Zugang zu Konto-Informationen dann sukzessive erweitert wird – das beobachten wir schon in Deutschland.
Wie stellen sich die Sparkassen in diesem schwierigen Zeiten auf? Das Zukunftsbild war ja Thema des gestrigen Österreichischen Sparkassentages in Pörtschach.
45 Prozent unserer Kunden betreiben bereits OnlineBanking. Der Anteil wird in den nächsten Jahren auf zwei Drittel steigen. Ein Generationenwechsel findet statt. Wir müssen also die Digitalisierung vorantreiben, aber die Filialstrategie ist für uns dazu keinWiderspruch.
Wir werden Online-Banking, bei uns „George“genannt, spielerischer machen. Mit mehr
Farbe zum
das Beispiel. Es wird an Google angelehnt mit einer Art Vorschlagsystem, damit man nicht mehr langwierig Zahlenreihen und Adressen eingeben muss. Bankgeschäft soll Spaß machen. In den Filialen soll sich der Kunde als Gast fühlen. Hier nehmen wir Technik wieder zurück, haben die Automaten nach hinten gesetzt, damit man zuerstMenschen sieht. Und wir starten ein neues StandardAusbildungsprogramm, das die Mitarbeiter zu Trainern der Kunden werden lässt.
Sie halten an den bestehenden Geschäftsstellen – 48 in Kärnten, 1154 österreichweit – fest?
In Kärnten investieren wir heuer fünf Millionen Euro in unsere Filialen und setzen dabei auf Nachhaltigkeit, also etwa auch Holzbau. Banken müssen nicht aus Marmor sein. Auch wenn ich schon gefragt wurde: „Muss man bei Euch jetzt mit der Laubsäge einbrechen?“Öffnungszeiten?
Wir sind gerade in Gesprächen mit der Gewerkschaft, weil wir standortbezogen Öffnungszeiten verändern wollen. In der Nähe vonKrankenhäusern macht es Sinn, samstags zu öffnen. In Innenstädten über Mittag. Am Land Freitag nachmittags. Wer sind neue Zielgruppen?
Die Menschen werden älter. Das Thema Vorsorge gewinnt an Bedeutung. Wir diskutieren gerade über Kredite für 70Jährige.
SEMMELROCK-WERZER:
Auch Jungunternehmer und Start-ups wollen wir als SparkassenKunden verstärkt betreuen. Und dann wären da noch Studenten und Schüler. Es gibt ja immer mehr Möglichkeiten, Geld auszugeben. Der Umgang mit Geld wird wichtiger.
Geld-Unterricht an Österreichs Schulen?
Wissen über den praktischen Umgang mit Geld halte ich für wichtiger, als die Hauptstadt von Ghana zu kennen.
INTERVIEW: EVA GABRIEL