Der Hausverstand sagt NEIN!
Österreich ist für Familien ein Hochsteuerland. Das bestätigt die OECD-Studie „TaxingWages 2015“: Laut dieser Studie ist die Steuerbelastung für Österreichs Familien um zwei Prozentpunkte gestiegen und Österreich rangiert auf Platz 29 von 34! Das Durchschnittseinkommen einer Alleinverdienerfamilie mit zwei Kindern wird in Österreich mit 38,2 Prozent belastet, der OECD-Schnitt beträgt 26,9 Prozent. Nur in Griechenland, Belgien, Frankreich, Italien und Finnland ist die Belastung von Alleinverdienerfamilien noch höher.
Dieses beschämende Ergebnis kümmert politisch kaum jemanden, es wird sich auch durch die Steuerreform nicht wesentlich verbessern. Denn die explizit familienorientierten Entlastungen sind nahezu vernachlässigbar, sie betragen zwei Prozent des Entlastungsvolumens. Der Kinderfreibetrag wird von 220 Euro auf 440 Euro pro Kind erhöht; das bedeutet durchschnittlich 6 Euro/Monat mehr je Kind. Eine steuerliche Entlastung der Familien sieht anders aus!
Steuerliche Entlastung für Familien ist ein Reizwort; für Politiker ebenso wie für Medien, Sozialpartner oder Forschungsinstitute. Sie sei ein Anreiz für Frauen undMütter (länger) zu Hause zu bleiben und mache das Modell der Alleinverdienerfamilie attraktiv, so das Argument und die Befürchtung. Als ob der Alleinverdienerabsetzbetrag (AVAB) – 494 Euro pro Jahr! bei einem Kind – wirklich ausschlaggebend dafür wäre, erwerbstätig zu sein odernicht. 220.000PersonenhabenimJahr2013 einenAVAB bezogen; das sind gerade einmal 3,3 Prozent aller Steuerpflichtigen. Aber um die Größenordnung geht es nicht! Die Alleinverdienerfamilie ist für Politiker, Meinungsbildner gestrig, nicht zeitgemäß, retro, konservativ, eineFrauenfalle.
Soll jemand, der „zwei, drei oder mehr Mäuler zu stopfen hat“, gleich viel Steuern zahlen wie jemand ohne Sorgepflichten? Der Hausverstand sagt Nein. Denn: Wer sein Einkommen auf mehrere Personen aufteilen muss, weil er für Kinder zu sorgen hat, ist im steuerlichen Sinn weniger leistungsfähig als jemand ohne Sorgepflichten. Eltern verzichten zugunsten ihrer Kinder gerne auf Lebensstandard. Aber dass Eltern die einzigenMenschen in Österreich sind, die gegebenenfalls unter das Existenzminimum gepfändet werden, ist skandalös; dass der Staat Eltern also zumutet, von weniger zu leben, als er es für Bürger ohne Sorgepflichten vorsieht, ist unverschämt. rotzdem ist es in Österreich politisch nicht gewollt, steuerlich angemessen zu berücksichtigen, wie viele Personen von einem Einkommen leben müssen. Dabei sind die Familien die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Wer ein familienfreundliches Österreich wünscht, wird diese Frage fair beantworten müssen.
ist Präsident des Katholischen Familienverbandes Österreich
TAlfred Trendl