Steuerreform.
Wer einkauft, muss künftig Kassazettel verlangen. Finanz kontrolliert, aber straft nicht.
MICHAEL JUNGWIRTH
In Österreich herrschen bald italienische Verhältnisse. Ab 1. Jänner müssen sich alle Kunden, selbst wenn sie nur einen Kaugummi, einen Espresso oder eine Zeitung kaufen, einen Kassazettel aushändigen lassen. Den Bon muss man bis zum Verlassen des Geschäfts bei sich behalten.
Sollte man den Beleg verlieren, droht allerdings kein Verfahren durch die Finanzpolizei, versichert Finanzminister Hans Jörg Schelling. Aus einem simplen Grund: Sinn der Übung ist es, den Verkäufer zur Ausstellung eines Belegs zu zwingen, um das Geschäft in der Registrierkasse abzuspeichern, und nicht, um den Kunden zu schikanieren. Schelling spricht denn auch von einer „Entgegennahmeverpflichtung, nicht von einer Aufbewahrungsverpflichtung“. Und sollte man in dem Geschäft von der Finanzpolizei aufgehalten werden? „Wenn die Transaktion in der Kassa aufscheint, sehe ich da keine Probleme“, versichert Schelling.
Die Regierung erhofft sich durch die Einführung der Registrierkassenpflicht Mehreinnahmen in Höhe von 900 Millionen Euro. Die Anschaffung einer solchen zertifizierten Kassa wird mit 200 Euro gefördert, bis zu 2000 Euro können abgeschrieben werden.
Hier wurde im letzten Abdruck noch eine Ausnahme hineinverhandelt. Wenn eineWohnung, die der gemeinsame Hauptwohnsitz ist, zwischen Ehepartnern oder eingetragenen Partnern übertragen
Vererben von Wohnungen.
wird, ist dies künftig bis zu einer Fläche von 150 Quadratmeter steuerfrei. Das gilt sowohl im Todesfall als auch unter Lebenden. Wer 180 Quadratmeter besitzt, muss nur für die Differenz, also für 30 Quadratmeter, Steuern zahlen. Generell wird imRahmen der Steuerreform die Übertragung von Wohnungen und Grundstücken an Familienmitglieder anders besteuert. Statt des dreifachen Einheitswertes wird der Verkehrswert als Basis der Besteuerung herangezogen. Für Wohnungen bis zu 250.000 Euro bedeute dies, so Schelling, eine effektive Verbilligung (0,5 Prozent auf den Verkehrswert).
Auch hier ist man denHoteliers imletztenMoment entgegengekommen. Wer bis 1. September ein Hotel oder eine
Hotels und Reisen.
Reise für das Jahr 2016 bucht, zahlt nur zehn Prozent Mehrwertsteuer – statt der ab 1. Jänner 2016 gültigen 13 Prozent. Auch Urlaubskataloge oder OnlinePlattformen (booking.com) dürfen bis 1. April noch zehn Prozent verlangen.
Auch sind Abfederungen vorgesehen. Bis zu einem Wert von 900.000 ist die Übergabe an den Nachfolger steuerfrei, darüber hinaus gelten progressive Stufen von 0,5 Prozent, zwei Prozent und 3,5 Prozent. Die Steuerbelastung ist aber mit 0,5 Prozent des Gesamtwertes gedeckelt.
Die Anhebung der Negativsteuer wird auf 1. Juli vorgezogen. Wer weniger als 11.000 Euro verdient, kann sich im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung
Betriebsübergaben.
Negativsteuer.
bereits im heurigen Jahr eine Gutschrift von bis zu 220 Euro (derzeit 110 Euro) zahlen lassen. Ab 2016 sind bis zu 440 Euro möglich.
Anders als bisher kann das Finanzamt im Zuge einer Steuerprüfung Einblick in die Konten nehmen. Früher bedurfte es dafür eines richterlichen Beschlusses. Das ist Geschichte. Umdie Grünen für die notwendigeZweidrittelmehrheit zu gewinnen, kündigte Schelling noch Nachbesserungen an, um jeglichem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben. Eine Option wäre die Hinzuziehung eines Datenschutzbeauftragten. Denkbar wäre auch, dass der Chef des Finanzamts dem Einblick insKonto durch den Sachbearbeiter zustimmen muss.
Kontoregister.