Wenn die Hormone Sambatanzen
Am 28. Juni steigt in Klagenfurt der Ironman Austria. Auch Sportredakteur Georg Michl quält sich für die Herausforderung.
Noch 38 Mal schlafen und dann steigt der Ironman Austria. Zum letzten Mal war ich vor einem herannahenden Ereignis so nervös, bevor mir einVolksschulkollege die Illusion des Christkinds geraubt hat. Vielleicht sollte ich mir einen „Ironvent“-Kalender basteln (lassen). Mit Müsliriegeln statt Schokolade, denn Kollegin Helga nennt mich noch immer lächelnd „Selchroller“, wenn ich an ihr vorbeigehe. Den großen Testlauf für den 28. Juni habe ich in St. Pölten mit dem Ironman 70.3 hinter mich gebracht. 5:14:05 Stunden für 1,9 km Schwimmen, 90 km auf dem Rad, einen Halbmarathon und zwischendurch ein bisschen Umziehen. „Jetzt wirst du dir ja keine Sorgen mehr machen für den Ironman, wenn das so gelaufen ist.“Diesen Satz habe ich nach dem Überqueren der Ziellinie gefühlte 1000 Mal gehört. Ich habe genickt und versucht zu lächeln – dabei habe ich wohl ausgesehen, wie ein völlig entkräfteter Ossy Kolmann in einem seiner Sketches. Gedacht habe ich mir aber was völlig anderes: „Ähhmmm, Nein. Das war gerade einmal die Hälfte von Klagenfurt!“eim Laufen haben meine Beine vom ersten Meter an gebrannt und ich wurde permanent überholt. Da bekommt man das Gefühl, als wäre man ein „Graf Carello“auf einer deutschen Autobahn ohne Baustellen und Tempolimit. Der Sieger, Andreas Böchner, hat für den finalen Halbmarathon 1:11:46 Stunden benötigt, ich 1:49:21. Sei’s drum. Vergleichen würden sich ohnehin nur die Verlierer, sagt mein Chef immer, und der gute Herr
BBöchner bekommt auch Geld dafür und da kann er schon ordentlich „koffern“. Gefreut habe ich mich auf den letzten Metern aber mindestens genauso wie der Sieger. Das hat schon was, wenn der Zielbogen auf einen zukommt und die Glückshormone im Körper Samba tanzen. Die Schmerzen sind plötzlich weg und die Finishermedaille ist in diesem Moment das Hammermäßigste, das man in seinem ganzen Leben je bekommenhat. Und ja, alleine dafür zahlen sich die Quälereien im Training und im Rennen aus (falls sich jemand die Sinnfrage stellt). Übrigens: Die Glückshormone schleichen sich bald wieder und die Schmerzen feiern spätestens am nächsten Morgen ein grandioses Comeback. ber nicht nur die sportlichen Ein Eindrücke sind geblieben. So ein Ir Ironman ist ein Schaulaufen der Ei Eitelkeiten. Gestählte Körper, Finish Finisherleibchen aus dem Jahre Schne Schnee und massig Hightechfahrräder. fahrrä Das Stolzieren mit besagtem sagtem Rad durch die Mengen und i in die Wechselzone ist aber nichtt nicht verwunderlich. Immerhin habenn einigeTeilnehmer ein paar Tausee Tausender für den Drahtesel hingeblättert geblää und dann soll es gefäl-
Aligst auch gesehen werden. Ein Mitstreiter mit stattlichem Bauch – aus meiner Gewichtsklasse – hat ein Rad vor sich hergeschoben, das teurer war als die meisten Autos auf dem Parkplatz. „Haha, Karbon statt Kondition“ist mir da schnell eingefallen. Ich habe geschmunzelt und meine nächsten dreiUrlaube (also mein Rad) in dieWechselzone geschoben – mit eingezogenem Bauch und richtig langsam. Eben genau so, dasswohl jeder es sehen kann. Auch das scheint eine Disziplin beim Ironman zu sein.
Übrigens: Noch 217 Mal schlafen und dann kommt auch das Christkind.