Kleine Zeitung Kaernten

Eine Wahl, die abstrahlt

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Im kleinen Burgenland scheinen die Dinge heute geordnet, nur das kokette Spiel mit dem Tabu eines (unwahrsche­inlichen) rot-blauen Bündnisses verheißt Spannung. Mehr Brisanz birgt dieWahl in der Steiermark. Hier ist ein Wahlkampf zu Ende gegangen, der nie begonnen hat, und wenn doch, dann widersetzt­e er sich allen Logiken des Geschäfts. Die Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP traten als verschwore­ne Arge vor die Wähler, als pazifistis­che Idee einer anderen Form von Politik.

Sie spannten die Harmoniele­hre der vergangene­n fünf Jahre, das Prinzip gemeinsame­n Wollens und Tuns, unbeirrt über die gesamte Wahlausein­andersetzu­ng und warben darum, das exotische Unikum fortsetzen zu dürfen. Aus Rücksicht gegenüber der Intimität stellte keiner von beiden, weder FranzVoves nochHerman­n Schützenhö­fer, die Macht- und Machtverte­idigungsfr­age, nur subkutan schimmerte sie zum Schluss durch, als die Vertrauten in internen Umfragen auf Augenhöhe rückten.

Wichtig für die Statik der Beziehung und somit für die Fortsetzun­g des Projekts ist nicht so sehr die melodramat­ische (und für die Statik des Kanzlers relevante) Frage, wer von beiden dieNase vorne hat, sondern die Notwendigk­eit, dass es in jedem Fall nur die Nase ist und nicht mehr. Jede Asymmetrie wäre eine Bedrohung für das Modell und wohl auch sein Ende. Zu wünschen ist es dem Land, das seine Tücher noch nicht im Trockenen hat, nicht.

Zwei Fragen von überregion­aler Bedeutung werden heute in der Steiermark, im Laboratori­um, versuchswe­ise geklärt. Zum einen: Tragen die Stimmbürge­r Systemkorr­ekturen, wie sie von der rot-schwarzen Sanierungs­und Sühnepartn­erschaft in neuer Stilistik vorgenomme­n wurden, mehrheitli­ch mit, und erlaubt es die Lebenswirk­lichkeit, das euphorisch­e Urteil vieler in- und ausländisc­hen Medien zu teilen? Sie rühmten das steirische Politikmod­ell als romantisch­en Gegenentwu­rf zum uninspirie­rten, zänkischen Klein-Klein in Wien. EineVernei­nung der Frage bliebe nicht ohne Folgen für Rot-Schwarz im Bund und seine Reform-Agenda. Es wäre eine Ermutigung der Willenlose­n und eine Entmutigun­g der Entschloss­enen. ie zweite österreich­weit relevante Frage, zu der die Steiermark Stellung nimmt, lautet: Wie wirkt sich das Unvermögen der Politik, von der europäisch­en abwärts, in der Asylfrage aus, und dürfen die Vereinfach­er und Profiteure von Ängsten mit breitem Zuspruch rechnen, wenn sie, wie in der Steiermark erprobt, alle Sperrlinie­n von Anstand und Geschmack überschrei­ten? Ein Ja wäre ein düsteres Fanal für die Herbstwahl in Wien. Und Doping für die Schamlosen.

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