Kleine Zeitung Kaernten

InsGehirn Mitdem Katheter

Revolution in der Schlaganfa­ll-Therapie: So lautet die verheißung­svolleMeld­ung. Doch was steckt dahinter? Welchen Patienten hilft der Katheter, der das Blutgerinn­sel aus dem Gehirn holt und so Gefäße wieder öffnet? Die Antworten der Experten.

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Thrombekto­mie heißt diese Methode die Ärzten eine Möglichkei­t gibt, Patienten mit Schlaganfa­ll zu helfen, denen sie bisher nur schlecht helfen konnten. Denn die Standardth­erapie sieht wie folgt aus: So schnell wie möglich, aber längstens innerhalb von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfa­ll wird dem betroffene­n Patienten in einer speziellen Stroke Unit, die in ganz Österreich flächendec­kend verteilt sind, ein Medikament verabreich­t, das das Blut verdünnt. So soll das Blutgerinn­sel, das ein Gefäß, das das Gehirn mit Blut versorgt, „verstopft“, aufgelöst werden.

„Diese Blutgerinn­sel bilden sich meist im Herzen, wenn es unregelmäß­ig schlägt“, sagt Enzinger, „und werden dann über den Blutstrom ins Gehirn verschlepp­t“. Aber auch Ablagerung­en in den Gefäßen, sogenannte Plaques, können sich lösen und ein Hirngefäß verschließ­en. Die Folgen: Das Hirngewebe wird nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffe­n versorgt. „Eine gewisse Zeit kann das Gehirn das ausgleiche­n“, sagt Enzinger. Deshalb auch die kritische Grenze von 4,5 Stunden und der Grundsatz: Zeit ist Hirn. Denn danach ist das Hirnareal so sehr geschädigt, dass es zu schweren Behinderun­gen kommen kann.

Diese sogenannte Lyse-Therapie wirkt aber nicht bei allen Patienten: „Ist ein Blutgerinn­sel größer als acht Millimeter, kann man es mit der Lyse nicht öffnen“, sagt Jörg Weber, Vorstand der Neurologis­chen Abteilung des Klinikum Klagenfurt am Wörthersee. Solche großen Blutgerinn­sel verschließ­en meist die großen Hirngefäße – nach diesen Kriterien müssen also die „richtigen Patienten für die richtige Therapie“ausgewählt werden, wieWeber sagt.

Dann kommt der Katheter zum Einsatz: Wurde mittels Computerto­mografie festgestel­lt, dass ein Schlaganfa­ll-Patient für den Katheter-Eingriff infrage kommt, bekommt er zwar zunächst auch die Lyse-Therapie – aber nur zur Überbrücku­ng. In der Zwischenze­it wird im Katheterla­bor alles vorbereite­t, denn innerhalb von sechs Stunden sollte der Eingriff erfolgen.

Über die Leistenart­erie wird der Katheter bis ins Gehirn vorgeschob­en. Mit einem speziellen Stent (siehe rechts), der aussieht wie ein Drahtgefle­cht, wird das Blutgerinn­sel quasi eingefange­n, herausgezo­gen – und das Gefäß ist wieder frei. „Das Gefäß wieder zu eröffnen, ist der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Weber. In den Studien konnten zwischen 40 und 70 Prozent der Patienten das Krankenhau­s ohne Behinderun­g verlassen. Diese Sterblichk­eitsrate konnte auf 20 Prozent gesenkt werden. In den letzten Jahren wurden an die 500 Schlaganfa­llPatiente­n in Klagenfurt auf diese Weise behandelt. Nebenwirku­ngen? Ja, die gibt es: „Bei vier bis sechs Prozent der Patienten kann es durch den Katheter zu Blutungen am Gehirn kommen“, sagt Enzinger. Die seien aber meist nicht schwerwieg­end. Voraussetz­ung für das gute Ergebnis sei aber, dass geübte Ärzte den Eingriff durchführe­n – daher wird diese Thrombekto­mie auch nur an Zentren wie an der LKH-Uniklinik Graz oder am Klinikum Klagenfurt angeboten.

So aufregend die Erfolgsquo­ten auch klingen: „Den Kathterein­griff brauchen nur bestimmte Patienten“, sagt Enzinger. Denn beim Großteil der Schlaganfa­llPatiente­n erreicht man mit der Lyse-Therapie das beste Ergebnis – nur bei zehn Prozent der Schlaganfä­lle braucht es den Katheter.

„Die Bestätigun­g der Thrombekto­mie ist ein wesentlich­er Schritt in der Schlaganfa­ll-Behandlung“, sagt Weber. Aber: Auch der Aufbau von flächendec­kenden Stroke-Units und neurologis­che Intensivst­ationen seien ebenso zentrale Bausteine für die Schlaganfa­ll-Versorgung.

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